Hilden/Haan Gemeindeglieder sind bestürzt

Hilden/Haan. · Die Nachricht vom Rücktritt Pfarrer Nieswandts löst in Haan und Hilden unterschiedliche Reaktionen aus. Während die Haaner ihren Pfarrer vermissen, gab es in Hilden wohl Streit.

Pfarrer Reiner Nieswandt vor dem Nikolausturm in Gruiten. Seit drei Jahren war er auch für die Hildener Pfarrei St. Jacobus zuständig.

Foto: Matzerath

Betroffen und sprachlos reagieren viele Mitglieder der katholischen Gemeinden in Hilden und Haan auf den überraschenden Rücktritt von Pfarrer Reiner Nieswandt. Auch in den sozialen Netzwerken ist die Anteilnahme groß. „Wünsche Ihnen alles Gute. Seitdem Sie nicht mehr da sind, bin ich nicht mehr in die Kirche gegangen“, schreibt Marina. „Kann ich gut verstehen. Hilden und Haan ist nur noch Stress“, meint Sabine: „Und alle Gemeinden können sich glücklich schätzen, so einen engagierten Pfarrer zu haben.“ „Herr Nieswandt ist ein Spitzen-Pfarrer“, findet Nicole.

Reiner Niewandt wurde 1962 geboren und 1999 zum Priester geweiht. Vor seinem Dienstantritt in Haan, am 1. Dezember 2010, war er im Seelsorgebereich Rheindorf/Hitdorf  und in der Psychiatrieseelsorge im Stadtdekanat Köln tätig.

Foto: Pfarre St. Jacobus

Acht Jahre war Reiner Nieswandt Pfarrer in St. Chrysanthus und Daria Haan, seit drei Jahren zusätzlich auch noch für die Hildener Pfarrei St. Jacobus – zusammen 28 000 Katholiken und fünf Kirchen. Eine vielleicht zu schwere Bürde, wie sich jetzt zeigt. Weil das Erzbistum Köln nicht genug leitende Pfarrer findet, wurden immer mehr Gemeinden – oft unter Schmerzen – mehr oder weniger freiwillig fusioniert (wie in Hilden). Oder zu großen Seelsorge-Verbänden zusammengefasst. Priester sind nicht nur als Seelsorger, sondern auch als Gemeinde-Manager und Vorgesetzte (in Hilden und Haan für rund 150 Mitarbeiter) gefordert. Dazu ist die Kirche in einer Epoche des Umbruchs. So hat Reiner Nieswandt 2017 die Situation beschrieben. Kernaufgabe sei es, die Menschen zu ermutigen, zu befähigen und zu begleiten, ihre eigenen Wege im Glauben zu entdecken. Alles andere führe zur Entmündigung der Menschen und sei – auch angesichts knapper werdender Ressourcen – nicht zukunftsfähig.

Offenbar ist es Nieswandt in Hilden nicht gelungen, wichtige Gruppen und Gremien zu überzeugen und mitzunehmen. Kurz nach der Wahl des Pfarrgemeinderats trat dessen Vorsitzende zurück – ein sehr ungewöhnlicher Vorgang. Der Vorsitz ist bis heute nicht neu besetzt worden. Die für Mitte November vorgesehene Wahl zum Kirchenvorstand konnte in St. Jacobus Hilden nicht stattfinden. Einige Kandidaten hatten kurzfristig ihre Kandidatur zurückgezogen. Der bisherige Kirchenvorstand bleibt bis zur Neuwahl am 4./5. Mai im Amt.

Worüber gestritten wurde, darüber schweigen sich alle aus

Worüber gestritten wurde, darüber schweigen sich alle aus. Man möchte das öffentliche Ansehen der Gemeinde nicht beschädigen. Aber klar ist, dass Nieswandts Rücktritt auch mit diesen Konflikten zu tun hat. Einige werden seinen Weggang als Scheitern interpretieren. Vielleicht wollte er damit aber auch zu einer Lösung beitragen.

Freitagabend sind die Kirchenvorstände und Pfarrgemeinderäte über Nieswandts Entscheidung informiert worden. Die Besucher der Vorabendmessen am Samstag waren die ersten Gemeindeglieder, die von der Veränderung erfuhren. Tobias Poppel, stellvertretender Vorsitzender des Kirchenvorstandes von St. Chrysanthus und Daria Haan, hat die Nachricht als einen „Schlag vor den Kopf“ empfunden. Er wisse aber von anderen, die Nieswandts Rücktritt erwartet hätten. Ob es eine Verabschiedung geben wird, darüber soll am Dienstagabend im Kirchenvorstand gesprochen werden. Er selbst sei „sehr dafür“.

Der Haaner Pfarrgemeinderats-Vorsitzende Michael Sauter blickt zurück: In Haan sei die Arbeit gut gelaufen. Kirchenvorstand und Pfarrgemeinderat seien stabil aufgestellt. „Wir haben gut zusammengearbeitet und auch einiges bewegt!“ Es tue ihm Leid, dass Pfarrer Nieswandt jetzt weg sei. Aber: Die Arbeit werde trotzdem gut fortgesetzt werden können. In Haan sei ein stark von Laien geprägtes Gottesdienstformat entwickelt worden; zuletzt strömten dazu 500 Besucher in die Kirche. Und bei der von Reiner Nieswandt angestoßenen Zukunftswerkstatt habe es schon Fortschritte gegeben.