Landesstraße 403 Schlagloch: Versicherung will nicht zahlen
Hilden. · Mindestens fünf Autos fuhren am 18. November auf der Richrather Straße ins Schlagloch.
Was Natalie Bolender und mindesten vier weiteren Autofahrern passiert ist, kann jedem Verkehrsteilnehmer jederzeit in NRW widerfahren. Sie fuhren mit ihren Wagen am Abend des 18. November in ein Schlagloch, dass sich plötzlich in der Richrather Straße (L 403) in Höhe des S-Bahnhofs Hilden-Süd auftat. Moritz Winter hatte Glück: nur einen Kratzer an der Felge seines nagelneuen Autos. Bei Bolender war die Felge beschädigt: Schaden 557 Euro. Der Landesbetrieb Straßen NRW ist bei der GVV-Kommunalversicherung haftpflichtversichert. Die sieht keine Anhaltspunkte für ein „pflichtwirdriges und schuldhaftes Versäumnis“. Die Richrather Straße sei zuletzt am 13. November kontrolliert worden. Das Schlagloch sei lediglich sechs Zentimeter tief gewesen und stelle „keinen verkehrswidrigen Zustand“ dar.
Die Versicherung zitiert einige Urteile von Verwaltungsgerichten
Die Versicherung führt eine ganze Reihen von Urteilen von Oberverwaltungsgerichten an: Danach liege eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht erst bei Schlaglöchern ab einer Tiefe von mindestens 15 Zentimetern auf wichtigen Straßen und bei Autobahnen ab einer Tiefe von etwa zehn Zentimetern vor.
Natalie Bolender ist rechtsschutzversichert. Ihre Chancen auf Schadenersatz stünden nicht gut, hat ihr ein Anwalt schon erklärt. Es gibt kein Foto von dem Schlagloch. Und sie sei in der Beweispflicht. „Keine Entschuldigung und dann dieses Schreiben von der Haftpflichtversicherung. Das ist schon sehr unverschämt“, findet Natalie Boldender.
Nach diesem Fall muss man den Eindruck gewinnen: Das Land lässt aus Geldmangel viele Straßen verkommen. Und wenn dann etwas passiert, bleiben die Geschädigten auf ihrem Schaden sitzen, weil die Justiz dem Haftpflichtversicherer Rückendeckung gibt.
Straßen NRW erfasst regelmäßig den Zustand der rund 13 100 Landes- und 4400 Kilometer Bundesstraßen im Land. Ergebnis: 2015 waren 15 Prozent der Bundesstraßen in einem schlechten und 17 Prozent in einem sehr schlechten Zustand - also fast ein Drittel. Um den Zustand der Landesstraßen ist es noch viel schlimmer bestellt: 23 Prozent sind in einem schlechten und 35 Prozent in einem sehr schlechten Zustand. Macht zusammen 58 Prozent marode Straßen. Der Landesbetrieb beschreibt diesen Fakt auf seiner Homepage so: „Danach sind weniger als 50 Prozent der Landesstraßen in einem sehr guten bis befriedigenden Zustand.“
Der ADAC Nordrhein spricht ebenfalls von einer „katastrophalen Lage“ auf den kommunalen Straßen. „Einzelne Fahrbahnabschnitte sind mit so vielen Schlaglöchern übersäht, dass ein Ausweichen teilweise gar nicht mehr möglich ist“, kritisiert Roman Suthold, Leiter Verkehr und Umwelt des ADAC Nordrhein. Aus seiner Sicht fehlt ein nachhaltiges Konzept. Flickschusterei verbessere nicht die Qualität der Straßen: „Wenn man den Abschnitt richtig saniert, fallen natürlich höhere Kosten an. Dadurch kann aber in Zukunft erheblich gespart werden.“
Das hat offenbar auch die Landesregierung in Düsseldorf erkannt. Diese habe die Mittel für die Erhaltung kontinuierlich erhöht, sagt eine Sprecherin des Landesverkehrsministeriums. Im Zehn-Jahres-Vergleich wurden die Mittel für den Erhalt von Bundesstraßen von 351 Millionen (2009) auf 765 Millionen (2019) mehr als verdoppelt, die für Landesstraßen von 80 auf 175 Millionen Euro ebenfalls. 2020 will die Landesregierung 185 Millionen Euro für den Erhalt der Landesstraßen ausgeben. so das Ministerium. Das lässt Rückschlüsse zu, wie gewaltig der Nachholbedarf inzwischen ist. Auch bei den Landesstraßen in Hilden. Beispielsweise auf der Walder Straße (L 85) zwischen Margarethenhof und Stadtgrenze Solingen gibt es eine ganze Menge Straßenschäden, berichtet der Hildener Klaus de Leuw. „Wir weisen den Landesbetrieb ständig auf den miserablen Zustand hin“, so Baudezernent Peter Stuhlträger: „Mehr kann die Stadt Hilden leider nicht tun.“