Sportler mit Down Syndrom geben alles
Vier Kinder aus Hilden treten heute beim Sportfest für behinderte Kinder in Frankfurt an.
Hilden. Einen kurzen Moment bangt Olaf Staschik um sein Wohlergehen. „Stoooppppp“ schreit er noch laut, aber dann ist es schon passiert: Catharina, Linn, Johanna und Jannik rennen ihm nahezu ungebremst in die Arme, der Fotograf schafft es gerade noch, sein Gleichgewicht zu halten. Er lacht und drückt die Kinder. „Ihr solltet doch nur langsam auf mich zutraben für das Foto“, sagt er gespielt vorwurfsvoll. Johanna rinnt der Schweiß von der kleinen Stirn, das Gesicht ist rot. „Hast du gesehen, wie schnell ich laufen kann?“, japst sie stolz und nimmt einen großen Schluck Wasser aus der Trinkflasche. Mama Britta Gittler streicht der aufgeweckten Drittklässlerin die nassen Haare aus der Stirn. „Johanna, wie sie leibt und lebt. Manchmal ist es schwer, sie zu motivieren, aber wenn sie einmal Spaß an einer Sache hat, gibt sie alles“.
Zum zweiten Mal nimmt Johanna an dem Down-Sportlerfestival in Frankfurt teil, Linn ist jetzt bereits zum siebten Mal dabei. „Die Atmosphäre dort ist unglaublich“, schwärmt Vater Elmar Kottolinsky „und es geht dort überhaupt nicht um den Wettbewerbsgedanken. Da werden eigentlich die langsamsten Kinder am lautesten gefeiert und bejubelt“. Spaß haben sollen die Kinder, ohne Leistungsdruck, in Begleitung ihrer Eltern und vor allem ihrer Geschwister.
Ein Baustein der Veranstaltung ist die Geschwisterolympiade, in der es darum geht, den Bruder oder die Schwester ohne Behinderung bewusst mit einzubinden, sich spielerisch aneinander zu messen“, erklärt Anke Detlefsen, die Mutter von Jannik und Ben, „für mich ist das eins der Highlights des Tages. Ganz ehrlich, die ganze Veranstaltung rührt mich ständig zu Tränen“. Linn hört zu und lacht. Mit ihrer Schwester Ylvi hat sie schon mehrfach teilgenommen. „Ylvi kann weit werfen und ich kann weit springen, bestimmt so zehn Meter“, sagt Linn, ihre Augen blitzen unter der Brille hervor, suchen nach Resonanz. Johanna staunt mit offenem Mund, Catharina klopft Linn anerkennend auf die Schulter. „Ich kann 100 Kilometer weit springen“, sagt Jannik dagegen trocken, aber das kann Bruder Ben so nicht stehen lassen. „Das ist nicht wahr“, ruft der Siebenjährige aufgebracht und erntet einen ziemlich bösen Blick dafür.
„Natürlich zeigen Kinder mit Downsyndrom genauso Ehrgeiz, wie andere Kinder auch“, sagt Johannas Schulbegleiter Ben Petring, der die Diskussion mit einem verständnisvollen Grinsen verfolgt. „Bei Johanna ist es sogar so, dass sie beim Laufen im Sportunterricht zu Beginn so Gas gibt, dass sie dann Schwierigkeiten hat, eine Strecke zu beenden. Aber daran arbeiten wir“. Catharina ist zwölf und hat schon einige Wettkampferfahrungen. Beim Hildanuslauf hat sie schon einmal den dritten Platz belegt. Ihre Leidenschaft gehört aber eigentlich den Ballspielen. Daher hat sie sich beim heutigen Sportfest für zwei Workshops entschieden — Basketball und Fußball. Daneben werden Trommelworkshops, Tanz- und Musikworkshops oder Judo angeboten und — ein Modenschauworkshop mit dem berühmten Modelagenten Peyman Amin, dessen Bruder auch Trisomie 21 hat.
Normalerweise coacht er Topmodels, heute nun die kleine Johanna aus Hilden. „Ziehst du ein Kleid an auf der Modenschau?“, will Catharina wissen. Johanna antwortet mit einem forschen, entrüsteten, nahezu entsetzten „Nein“. „Ich lasse das Shirt an, das sieht nämlich ganz, ganz toll aus.“