St. Jacobus: Nächstenliebe ist Programm
Die Pfarrcaritas St. Jacobus hat sich vor 60 Jahren neu organisiert. Heute werden Mitarbeiter gezielt qualifiziert.
Hilden. Am Anfang der Hilfe gibt es einfach ein Kaffee und ein Stückchen Kuchen. Im Nachbarschaftszentrum St. Jacobus sind es die regelmäßigen Angebote, die Interessenten zum Mitmachen animieren. „Zu denen, die sich für ein Ehrenamt interessieren, sage ich immer: ‘Kommen sie erst mal da hin’“, sagt Andrea Schoder (47), Diplom-Pädagogin und Leiterin des Zentrums. Man dürfe ruhig nur Besucher sein. Die Lust, etwas gemeinsam zu machen, könne wachsen.
Ehrenamtliche Arbeit in der Gemeinde — in der katholischen Kirche steht dafür der Begriff „Caritas“. Im Winter vor 60 Jahren organisierten sich die Helferkreise an St. Jacobus erstmals nach dem Krieg unter dieser gemeinsamen Überschrift. Ein Ausschuss mit Mitgliedern aus den länger bestehenden Arbeitsgruppen übernahm es, die Spendengelder zuzuweisen.
„Caritas heißt ganz schlicht: ‘Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.’ Man kann Gott nicht am Nächsten vorbei lieben“, erläutert Ulrich Hennes, Pfarrer an St. Jacobus. Für das Nachbarschaftszentrum sagt Schoder: „Wir haben Interesse aneinander.“
Es sei Arbeit „für Menschen mit verschiedenen Bedürfnissen und Notlagen“, die in der Gemeinde, den Hilfswerken und Sozialverbänden organisiert werde, sagt Hennes. „In der Jugendsozialarbeit zum Beispiel ist der Übergang von der Schule zum Beruf ein Thema. Da geht es nicht darum, jungen Menschen den Glauben zu verkünden.“
Der gemeinsame Kaffee ist dabei das verbindende Element der Arbeit über die Jahrzehnte. Für die Frauen in der Gemeinde sei das Engagement früher fast eine Selbstverständlichkeit gewesen, erzählt Hennes. „Früher sagte man ,Mütterverein’. Die Männer waren arbeiten, im Krieg gefallen oder gefangen“, berichtet er.
Die katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (KFD) besteht noch heute, hat mehr als 600 000 Mitglieder. Man habe sich gekümmert, sagt Hennes, wenn eine junge Frau schwanger war und Hilfe brauchte, wenn eine Nachbarin krank war oder betagte Leute gepflegt werden mussten. „Die soziale Kontrolle war stärker“, erklärt er.
Üblich sei es gewesen, dass der Pfarrer nach Hausbesuchen Mitteilungen an den Helferinnenkreis gab. Kleine Kärtchen mit Hinweisen, wo Unordnung im Haus oder andere Zeichen aufgefallen waren — ein Umgang mit Daten, der heute wohl befremden würde.
Nur wenn sie es wünschen, wenden sich Gemeindemitglieder in Bedrängnis jetzt von sich aus an die Beratungsstellen. Die Arbeit im Ehrenamt ändert sich laut Schoder derzeit gravierend. „Die Schulungen werden mehr. Leute werden gezielt qualifiziert“, sagt die Leiterin. Gleichzeitig sei die Mitarbeit nicht mehr so langfristig wie früher angelegt, als die gleichen Helfer über Jahrzehnte aktiv waren.
Nur das Kaffee-Angebot sei weiterhin der Einstieg im Nachbarschaftszentrum, der erste Berührungspunkt mit den Gruppen für kreative Arbeit, Gedächtnistraining und die Begegnungsangebote. Schoder: „Am Besten ist, wenn Leute sagen: ‘Das ist ja ganz anders, als ich mir das vorgestellt habe.’“