Udo Carraro: „Ich bin noch Ur-Haaner“
Nach 38 Jahren in der Politik zieht sich Udo Carraro ins Privatleben zurück.
Haan. Wer zum Haus von Udo Carraro an der Kaiserstraße will, muss einen weiten Bogen gehen. Durch eine Toreinfahrt führt der Weg zur Gartenseite des Grundstücks. Das Büro im Erdgeschoss des Fachwerk-Hinterhauses war jahrzehntelang Szenerie für Politik in Haan und im Kreis Mettmann. Jetzt gibt Carraro, Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion, seine Ämter auf.
„Ich habe mich immer über die aufgeregt, die sich aus dem Ratssaal tragen lassen“, sagt der 62-Jährige. Als er vor 38 Jahren begann, sich politisch zu engagieren, hätten Mandatsträger bis ins 80. Lebensjahr in den Gremien gesessen: „Wir Jungen wollten aber auch mal ran“, sagt Carraro.
Ran ging es für ihn 1974, als sich der spätere stellvertretende Bürgermeister beim Ringen um die Gebietsreform für die Initiative „Haan bleibt Haan“ engagierte. Seine spätere, heute 60 Jahre alte Ehefrau Gaby war unter den Aktiven. „Wir haben in Düsseldorf demonstriert und Haan war leer“, sagt Carraro. Ein voller Erfolg: Haan kam nicht als Stadtteil zu Solingen, Gruiten nicht zu Wuppertal. Gemeinsam blieben die Orte selbstständig.
„Ich bin noch Ur-Haaner“, sagt Carraro. In seiner Generation bedeute das, von der Hebamme Kaiser auf die Welt gebracht worden zu sein, die Schule im Ort besucht zu haben. Den Blinddarm im alten St. Josefs-Krankenhaus vom Chirurgen Dr. Hermann Terrahe entfernt bekommen zu haben, sei die dritte Bedingung: „Das habe ich nicht geschafft. Den Blinddarm habe ich immer noch“, sagt Carraro.
In seinem Büro mit Eichenschrank und Teeküche hängt noch ein Wahlfoto von 1978. Sein Markenzeichen schon damals: der auffällige Schnauzbart. „Den habe ich mir nach der Hochzeit wachsen lassen. Als Erkennungszeichen war das nie gedacht“, sagt Carraro.
„Die Politik war 38 Jahre lang mein Hobby“, sagt der frühere Mitarbeiter einer Berufsgenossenschaft. Für die Arbeit habe er bundesweit Schwerstverletzte bei ihrer Rehabilitation unterstützt. Eine Koordinierungsaufgabe, die es heute so nicht mehr gebe: „Ich bin im Quatschen nicht schlecht“, sagt Carraro. Während seiner Jahre im Rat und im Kreistag sei das eine Hilfe gewesen.
Einen Ausgleich zur Ratsarbeit hätten seine Frau und er seit dem Jahr 1979 beim Urlaub auf Ibiza gesucht. Die WZ hatte das dortige Häuschen der Carraros mit einem Schlafzimmer und Küche einmal in einem Seitenhieb als „Hazienda“, als Landgut, bezeichnet. „Das hat mich geärgert. Wir wollten etwas, wo wir kurzfristig hin konnten. Es gab oft nur kleine Lücken zwischen den Terminen“, sagt Carraro. Über seinen Wagen der Marke Jaguar — ein „rennwagen-grün“ lackierter Zwölf-Zylinder — habe er sich auch Einiges anhören müssen: „Dabei habe ich sonst keine Hobbys“, sagt Carraro.
Nach Spanien werde es im politischen Ruhestand nicht mehr so oft gehen, sagt Carraro: „Wir gehen hier nicht weg. Aber wir wollen an die Nordsee fahren und nach Nordfriesland.“ Die deutschen Urlaubsgegenden würde er kaum kennen. „Das Büro behalte ich noch. Ich bastle dort“, sagt Carraro. Und nebenbei werde er weiter Haanern bei ihren Wegen durch die Behörden helfen.