Volksfest und Raritäten-Markt: Die Geschichte der Haaner Kirmes
Die Haaner Kirmes lockt seit jeher die Massen an. Schon früher putzte sich die ganze Stadt heraus.
Haan. Noch drei Wochen bis zur Kirmes. Noch zwei Wochen. Noch eine Woche. So funktioniert die Haaner Zeitrechnung, und das offenbar schon seit Jahrhunderten. „Welche Bedeutung sie im Volksbewusstsein erlangte, erkennt man wohl am besten daran, dass man von ihr aus die Tage und Wochen vor- und rückwärts zählte“, schrieb August Lomberg vor 80 Jahren in seinem „Haaner Heimatbuch“.
Ein wahrer Fundus an Geschichten rankte sich schon damals um das weit über die Stadt hinaus bekannte Volksfest, für das bis heute sogar die Innenstadt für den Verkehr gesperrt wird. „So lange der Ort steht, ist die Kirmes gefeiert worden, immer mit Jubel und Trubel, in Saus und Braus, als Gipfel ungetrübter Lebenslust“, schreibt der Chronist.
Offenbar gab es immer wiederkehrende Vorzeichen, die das Ereignis ankündigten. „Ohne Schrubber, Abseifbürste und Scheuerlappen war in den acht Tagen vorher eine Hausfrau nicht denkbar. Die Dielen wurden gefegt, die Teppiche geklopft, der Herd geputzt“, erinnert sich Lomberg an das übliche Prozedere im Spätsommer.
Denn eins war seit jeher unumstößlich: Die Kirmes findet in der letzten Septemberwoche statt. Ohne frisch gekalkte Wände, gestrichenes Holzwerk und saubere Wege wollten die Haaner ihre Gäste jedenfalls nicht empfangen.
Die Gartenstadt putzt sich heraus, und das schon seit Jahrhunderten. Derweilen zählten die Kinder schon Monate vorher ihre Sparpfennige. Schließlich wollte es niemand dabei belassen, alles nur in Augenschein zu nehmen. „Wenn es dann hieß, die ,Kommieden’ seien im Anzuge, gab es kein Halten mehr. Alles, was Beine hatte, machte sich auf den Weg ihnen bis Vohwinkel oder Hilden entgegen.“
Ist die Kirmes heute vor allem ein großes Volksfest, so war sie damals für viele auch ein Markt voller Raritäten, die man nirgendwo sonst kaufen konnte.
„Da kamen die Tuchhändler aus Lennep, die Weber aus Burg an der Wupper, die Zinngießer aus Recklinghausen, die Korbflechter vom Niederrhein und die Werkzeughändler aus Cronenberg“, erinnert das „Heimatbuch“ an das Gewusel auf der Kirmes, das die Haaner offenbar auch dazu nutzten, um sich mit allerlei Brauchbarem einzudecken.
Zu den Marktständen, Karussells und „Buden mit Schmausereien und Leckereien“ gesellte sich übrigens auch alljährlich ein Kasperletheater.
„Zuerst war es der Erkroder Pie, der mit seinen Hauswurstereien die Zuschauer zu ergötzen versuchte. Nachdem man dazu übergegangen war, statt der hölzernen Puppen lebende Personen zu verwenden, trat an seine Stelle das kölsch Hänneschen.“
Beliebt waren auch die Bänkelsänger mit ihren vertonten Mordgeschichten. Gearbeitet wurde während der Kirmes übrigens nicht. Um nicht unter dem Lohnausfall zu leiden, wurden vorher Überstunden gemacht. In den Tagen nach dem großen Rummel zogen die Haaner Jungen über den Kirmesplatz, um dort nach verlorenen Pfennigen zu suchen. Bis es dann im nächsten Jahr wieder hieß: Noch drei Wochen bis zur Kirmes.