Wenn Müllwagen die Wendemöglichkeit fehlt
Der Hildener Bauhof schafft für rund zehn Fahrzeuge Rückwärtsfahr-Assistenzsysteme an.
Hilden. Der letzte schlimme Unfall in Hilden liegt glücklicherweise schon neun Jahre zurück. Beim Rückwärtsfahren überrollte der Fahrer eines Müllwagens einen Kollegen und verletzte ihn schwer. Der damalige stellvertretende Leiter des Bauhofs sprach von einer Verkettung unglücklicher Umstände: „Müllfahrzeuge sind gefährliche Arbeitsmaschinen.“ Deshalb wollte die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung allen Müllfahrzeugen das Rückwärtsfahren verbieten beziehungsweise auch den Versicherungsschutz aufkündigen.
Was folgte, war ein Riesenaufschrei in der Branche. Weil Müllwagen in tausenden Straßen schlicht nicht wenden können. Dann rauften sich Unfallversicherer, Entsorgungsunternehmen und die Gewerkschaft Verdi zusammen und fanden eine Lösung. Nach der neuen Branchenregel dürften Müllfahrzeuge rückwärts fahren — wenn genug Sicherheitsmaßnahmen ergriffen werden. Dazu gehören auch Fahrerassistenzsysteme. Die will jetzt auch die städtische Müllabfuhr in Hilden einsetzen, bestätigte Ulrich Hanke, Leiter des städtischen Bauhofs: „Für Lkw gibt es automatische Bremsassistenten. Eine ähnliche Technik gibt es auch für Rückwärtsfahrten.“ Die Politik stellte mit Mehrheit das nötige Geld (rund 150 000 Euro für zehn Fahrzeuge) zur Verfügung. Sobald der Landrat den städtischen Haushalt genehmigt hat, kann die Beschaffung beginnen. Noch in diesem Jahr sollen die Müllfahrzeuge mit dem Assistenzsystem ausgerüstet werden.
Es handelt sich dabei um ein Kamera-Monitor-Sensor-System, erläutert Hanke: „Mit der 3D-Sensortechnik wird der Fahrzeugrückraum im 180Grad-Winkel mit Signalausgabe bis zu vier Meter über Fahrzeugbreite überwacht — aktiviert mit Einlegen des Rückwärtsganges.“ Die Rückfahrgeschwindigkeit ist auf neun Stundenkilometer begrenzt. Auf einem Monitor sieht der Fahrer Gefahren hinter dem Fahrzeug farblich dargestellt. „Taucht hinter dem rückwärts fahrenden Müllfahrzeug plötzlich ein Kind oder ein Radfahrer auf, stoppt der Wagen automatisch“, erläutert Hanke: „Das System kann zwischen statischen und dynamischen Objekten unterscheiden. Positiver Nebeneffekt ist deshalb auch die Vermeidung von Schäden am Fahrzeug.“
In Hilden gibt es rund 70 enge Anliegerstraßen, in denen die Fahrzeuge der Müllabfuhr nicht wenden können: „Ohne weitere Vorkehrungen dürfen wir da nicht mehr reinfahren.“ Weil die Fahrer den Raum hinter dem Fahrzeug nicht komplett einsehen können, kam es in der Vergangenheit immer wieder zu schweren Unfällen mit Einweisern oder auch unbeteiligten Dritten. Die Stadt Langenfeld hat bereits im Herbst vergangenen Jahres sechs ihrer Entsorgungsfahrzeuge mit einem neuartigen Kamera- und Warnsystem ausgerüstet. „Wenn der Fahrer den rechten Blinker betätigt, dann aktiviert er damit die Sensoren rechts“, erläutert Mustafa Egmen, Fuhrparkleiter beim Betriebshof Langenfeld. Somit erfährt der Fahrer nicht nur optisch über das Kamerabild, sondern auch akustisch, ob sich unmittelbar neben dem Auto noch jemand befindet. Ratingen hat ein besonders schmales und kurzes Abfallsammelfahrzeug angeschafft. Das sogenannte „Bonsaimüllauto“ mit zwei Mann Besatzung unterstützt den vorhandenen kleinen Müllwagen in all den schwierigen Entsorgungsgebieten.