125 Jahre soziale Gerechtigkeit im Visier
Die heutige KAB St. Josef und Martin ist vor 125 Jahren in Richrath gegründet worden.
Langenfeld Den Einzug in die Richrather Pfarrkirche St. Martin begleiten bunte Fahnen. Getragen werden diese von Mitgliedern der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) unter anderem aus Düsseldorf, Leverkusen und Monheim. Denn dieser Gottesdienst ist dem 125-jährigen Bestehen der Langenfelder KAB St. Josef und Martin gewidmet. Bei der anschließenden Jubiläumsfeier im Pfarrzentrum mit dabei: der ehemalige Vizekanzler und Bundesminister Franz Müntefering (SPD).
Am 20. März 1892 wurde die Gründung des „Vereins katholischer Arbeitnehmer und Handwerker zu Richrath“, der heutigen KAB St. Josef und Martin, von der Kanzel in St. Martin verkündet. Grundlage der Arbeit war die im Jahr zuvor von Papst Leo XIII. verkündete Enzyklika „Rerum Novarum“. Darin wurde schwerpunktmäßig die soziale Gerechtigkeit innerhalb der Gesellschaft thematisiert.
Der Festgottesdienst in St. Martin verdeutlichte nun die auch heute noch geltenden Grundsätze der KAB. „Es muss sich Menschen zugewendet werden, die am Rande stehen“, erklärte Weihbischof Dominikus Schwaderlapp. So habe bereits Mutter Theresa (1910 bis 1997) erkannt, dass es eine größere Armut als die materielle gibt. „Nicht angenommen zu sein, nicht gewollt zu sein, ist die schlimmste Art der Armut“, sagte der Geistliche. Wenn ein Mensch nicht gewollt sei, stehe er am Rande. „Sowohl Gott als auch die KAB weisen uns aber darauf hin, dass wir uns solchen Menschen zuwenden sollen.“
Auch bei der Jubiläumsfeier im Pfarrzentrum wurden Ziele und Werte der KAB zwischen Sekt, Bier und Gebäck deutlich. „In 125 Jahren sind die Grundsätze der KAB unverändert geblieben“, unterstrich Vorstandsmitglied Ewald Löken. Die Probleme von heute unterschieden sich zwar von denen zu Gründungszeiten, die Ziele seien aber gleich geblieben. „Damals ging es für die Leute ums nackte Überleben. Heute geht es vor allem um soziale Gerechtigkeit und sozialen Frieden.“
Dabei solle insbesondere der Wert der Arbeit geachtet werden. „Arbeit ist für den Menschen da und nicht der Mensch für die Arbeit“, sagte der 68-jährige. Dabei unterscheide sich die Arbeitnehmer-Bewegung in einem entscheidenden Punkt von Parteien: Diese seien „sehr dem Zeitgeist unterworfen und werden von verschiedenen wirtschaftlichen Kräften bestimmt. Wir hingegen lassen uns nicht beirren und stellen den Menschen dauerhaft in den Mittelpunkt.“
So setzt sich die KAB unter anderem für ein garantiertes Grundeinkommen und den freien Sonntag ein. Dabei spiele auch der Glaube eine zentrale Rolle: „Der Glaube gibt die notwendige Kraft, sonst hätte die Arbeitnehmer-Bewegung die schweren Zeiten gar nicht überstehen können“, erklärte Löken besonders mit Blick auf die Jahre der nationalsozialistischen Diktatur. Freies Denken und Handeln thematisierte auch Ex-Arbeitsminister Müntefering in seiner Festrede. „Menschen können etwas bewegen, haben auch gleichzeitig die Verantwortung dafür.“ Es bestehe immer die Möglichkeit sich in der Politik oder der Gesellschaft zu engagieren. „Der Staat muss die Gerechtigkeit gewährleisten, aber auch der Zusammenhalt in der Gesellschaft ist wichtig“, betonte der Sozialdemokrat. „Menschen brauchen Menschen, Menschen brauchen Begegnung — und das bietet die KAB.“