Archäologen legen historischen Kanal frei

Der Landschaftsverband Rheinland vermutet an der Grabenstraße und am Kradepohl Reste einer Stadtbefestigung. Fachleute vermuten, dass an der Stelle einst die Stadtmauer verlief.

Foto: Matzerath

Monheim. Mirko Busch steht zwei Meter tief unten in einer Baugrube an der Turmstraße. Gegen die Kälte hat er eine dicke Wollmütze tief ins Gesicht gezogen und fertigt sehr konzentriert die maßstabsgerechte Zeichnung des eckigen Klinkerkanals aus dem 18. Jahrhundert an. „Der ist noch recht gut erhalten“, sagt der Grabungstechniker der Firma Fundort mit Blick auf die roten Steine. Am frühen Mittwochnachmittag waren Bauarbeiter bei den Ausschachtungsarbeiten für den neuen Kanal auf die historische Ableitung aus Feldbrandsteinen gestoßen.

Weil bei den Straßenarbeiten und Ausschachtungen in der historischen Monheimer Altstadt immer wieder mit Funden aus der Vergangenheit gerechnet werden muss, begleitet der Landschaftsverband Rheinland (LVR) alle diese Maßnahmen mit Hilfe von Archäologen. „Und auch die Baufirma ist natürlich gehalten sehr, sehr vorsichtig zu arbeiten“, ergänzt Polier Dirk Grüssel.

Dirk Grüssel, Firma Monheimius

Und dann war es tatsächlich so weit: Die Baggerschaufel stieß im Erdreich auf etwas unerwartet Hartes. „Wir haben langsam weitergeschachtet und zuerst eine Natursteinabdeckung aus Schiefer gefunden“, beschreibt der Mitarbeiter der Firma Monheimius die nächsten Schritte. „Die haben wir dann mit der Hand freigelegt.“ Für die Feinarbeiten ist jetzt aber Mirko Busch zuständig, der mit Bürsten und Pinsel zu Werke geht. Bevor der von Südosten nach Nordwesten verlaufende Ziegelkanal abgetragen wird, macht der Techniker an der Fundstelle noch mehrere Fotos. „Ich rechne hier noch mit weiteren Funden.“

Das tut auch Andreas Apsel, Fachbereichsleiter Bauwesen im Rathaus. „Überall, wo wir in der Altstadt den Kanal neu verlegen, können wir auf zuvor unabwägbare Schätzchen stoßen“, sagt er. Und das verteuere die jeweiligen Projekte natürlich deutlich.

Auch wenn beispielsweise im kommenden Jahr der Altstadtplatz Kradepohl umgestaltet wird, kommt vorher das alte Kanalsystem raus, und es werden neue Rohre verlegt. Weil Fachleute des Landschaftsverbandes Rheinland vermuten, dass dort entlang der Grabenstraße die alte Stadtmauer verlaufen ist, plant die Stadtverwaltung im Etat 2017 für die Sanierung rund 264 000 Euro ein. Das Sicherheitspolster solle alle Eventualitäten abdecken. Zwar habe man bisher noch nirgendwo in der Alten Freiheit Überreste einer Stadtmauer gefunden, und sowohl Experten als auch Stadthistoriker rätselten darüber, ob es sich um ein Bollwerk aus Holz oder eine steinerne Befestigung handeln könne, doch Ursula Franke, Archäologin beim LVR, erklärte gestern auf Anfrage, schon allein der Name Grabenstraße lasse „sicher vermuten, dass sich dort eine Art Stadtmauer befunden hat“. Nachgewiesen sei in jedem Fall der Graben. Oft hätten Städte frühe Befestigungen aus einem Wall und einer Holzkonstruktion im 14. und 15. Jahrhundert noch einmal mit Ziegeln befestigt.

Sollte es sich aber tatsächlich nur um ein Bollwerk aus Holz handeln, ließe sich auch eine solche Konstruktion bei einer Ausgrabung wohl noch nachweisen.