Das Geheimnis edler Tropfen
Brände von Streuobstwiesen sind selten geworden. In der Wasserburg zeigten Experten, was hinter der heimischen Rarität steckt.
Langenfeld. In dem großen, stets festlich wirkenden Raum der Wasserburg Haus Graven waren ein Dutzend Stühle im Halbkreis aufgestellt. Neben dem Eingang verhieß eine bunt gedeckte Tafel mit vielen, schmalen, eleganten Flaschen Genüsse ganz besonderer und selten gebotener Art. Die Biologische Station Haus Bürgel in Monheim war im Rahmen der am Sonntag zu Ende gegangenen „Tage der Rheinischen Landschaft“ Veranstalter einer Obstbrandverkostung, bei der die Früchte ausschließlich von Streuobstwiesen stammten. Sie sind selten geworden in Deutschland, weil das Spalierobst sehr viel höhere Erträge bringt und die Märkte beherrscht.
Im Kreis Mettmann gibt es noch 50 Hektar Streuobstwiesen, davon allein 20 Hektar in der Urdenbacher Kämpe zwischen Düsseldorf und Baumberg, die von Haus Bürgel betreut und gepflegt werden. Ein halbes Dutzend Liebhaber der edlen Brände von Streuobstwiesen lauschte dem Vortrag des Leverkuseners Lutz Rothstein, der sich als Bankkaufmann ein beachtliches Wissen über Whisky und nun auch über die seltenen Obstbrände von Streuobstwiesen als Hobby erworben hat. Fast andächtig füllte er die ersten Stielgläser ein. „Das Glas nur am Stiel fassen, sonst wird der Brand zu warm und das Aroma zieht aus dem Glas raus“, sagte er.
Obstschnaps kommt am besten aus dem Keller, dort hat er mit 16 bis 18 Grad die richtige Temperatur. „Riechen Sie zunächst. Sie erkennen den Geruch der Mirabelle, kosten Sie nun. Was schmecken Sie?“, sagte er. „So viel Mirabellengeschmack hat der Brand nicht“, fanden die Gäste. Das änderte sich bei der nächsten Verkosten. Zwetsche war im Glas. „Wenig Odeur, aber voller Pflaumengeschmack“ fand Teilnehmer Theo Besgen. Der erste Apfelbrand wurde verkostet, der Winter Rambour ist ein schwieriger Apfel, zäh zu beißen, nicht sonderlich schmackhaft, doch in destillierter Form ist er genießbar. Während das Obst der ersten Brände aus der näheren Umgebung stammte, ist der Apfel der Sorte Kaiser Wilhelm auf den Streuobstwiesen von Haus Bürgel gewachsen. „Zwei bis drei Tonnen Äpfel und Birnen liefert die Biologische Station an eine Brennerei in Meckenheim. „Wir haben kein Brennrecht“, sagte Mitarbeiter der Biologischen Station, Ralf Badtke.
Die Bäume in der Urdenbacher Kämpe werden intensiv gepflegt, das Obst für Saft und Brand muss erstklassig sein. Von der Baumblüte bis zum Destillat vergehen Monate. Das Brennen erfordert Sorgfalt. Das Erhitzen der Obstmaische setzt den Destillationsprozess in Gang. Bei der Gärung wird Fruchtzucker durch Hefen in Alkohol umgewandelt. Die Destillation der Maische, vergorenes Obst, wird als „Brennen“ bezeichnet.
Der Destillateur bestimmt wie alkoholreich der Brand sein soll. Durch Beimischung von Wasser, möglichst aus der Region, wird der Brand von etwa 78 Grad auf 40 bis 42 Grad heruntergefahren. Das Destillat lagert ein halbes Jahr in Glasballons, in Eichenfässern gereifter Apfelbrand ruht dort mindestens drei Jahre. „Ein ungeöffneter Brand ist unbegrenzt haltbar, einmal geöffnet sollte er nicht älter als ein halbes Jahr alt werden, sonst ist man noch enttäuscht“, sagte Rothstein. Einen Rat bittet er zur Beherzigung: „Maßvoll genießen.“