Deutsch-türkisches Frauentreffen: Kulturen treffen aufeinander
Türkische und deutsche Frauen tauschen sich regelmäßig aus. Ihre Hintergründe sind unterschiedlich, das Interesse an ihren Geschichten ist groß.
Langenfeld. Als Tasoluk Ayten nach Deutschland kam, war sie 14 Jahre alt. Sie kam aus einem kleinen anatolischen Dorf und freute sich sehr, ihre Eltern wiederzusehen, die sie und die vier Geschwister in der Türkei zurückgelassen hatten, um in Deutschland Arbeit zu finden.
Nach zwei Jahren durfte Tasoluk Ayten nachkommen. „Das erste, das ich auf Deutsch sagen konnte, war: ,Ich nix verstehen’“, erzählt Ayten. „Das hat mir mein Vater beigebracht, der auch kein Deutsch konnte.“
Heute ist die 53-Jährige Vorsitzende des Frauenvorstands im türkisch-islamischen Kulturverein der Langenfelder Gemeinde und veranstaltet seit knapp fünf Jahren zusammen mit VHS-Leiterin Juliane Kreuzmann regelmäßige Treffen deutscher und türkischer Frauen.
„Normalerweise treffen wir uns immer im Flügelsaal in der Volkshochschule, aber diesmal wollten wir die Frauen mal zu uns in die Moschee einladen“, sagt Ayten. Anlass zu diesem ersten Treffen im Jahr ist der Weltfrauentag, der einen Tag zuvor gefeiert wurde.
An zwei langen Tischreihen im Untergeschoss des Moscheegebäudes sitzen knapp 40 Frauen unterschiedlicher Herkunft, plappern und tratschen. An einer Wand ist ein Büffet mit unterschiedlichsten türkischen Speisen aufgebaut. Jeder hat etwas mitgebracht.
Die Frauen haben sich viel zu erzählen, sie kennen sich oft schon seit Jahren und unternehmen regelmäßig Reisen zusammen — nach Istanbul, Berlin und Kayseri, Anatolien — wo nach Angaben von Tasoluk Ayten circa 80 Prozent der Türken in Langenfeld herkommen.
Aus einem kleinen Dorf nahe Kayseri stammen auch Ayten, ihre drei Schwestern und ein Bruder. Mittlerweile leben alle Geschwister in Langenfeld. Vor allem die Anfänge ohne Deutschkenntnisse seien nicht leicht gewesen. Weil noch keine Schulpflicht bestand, entschied der Vater, dass die 14-jährige Tasoluk Ayten sofort arbeiten gehen sollte.
20 Jahre arbeitete sie bei einem Versand. Auch als ihre Tochter zur Welt kam, konnte Ayten aus finanziellen Gründen nicht in den Mutterschutz gehen. So blieb ihr nichts anderes übrig, als das Baby zu Verwandten in die Türkei zu schicken.
Erst als das Kind fünf war und in die Schule gehen konnte, durfte sie zurück nach Deutschland kommen. „Das war schrecklich, und wir sind uns auch heute immer noch nicht so nahe, wie ich es mit meiner anderen Tochter bin, die nicht weg musste“, erzählt Ayten.
Die anderen Frauen nicken verständnisvoll, die deutschen Frauen schauen geschockt: „Das kann man sich ja heute gar nicht vorstellen.“ Fast alle türkischen Frauen im Kreis können so eine Geschichte erzählen.
Auch das Thema Gleichberechtigung und Weltfrauentag kommt zur Sprache an diesem Abend. „In der Türkei wissen viele nicht, dass es so einen Tag gibt“, meint Nüriye Köktas (35). „Nur in den großen Städten, wie Istanbul kennen die Frauen ihre Rechte.“ Aber hier in Deutschland fühle sie sich eigentlich nicht benachteiligt. Köktas hat früh geheiratet und Kinder bekommen. Eine Ausbildung hat sie nie gemacht.
Ulla Bunse (51), die von ihrer türkischen Nachbarin eingeladen wurde, ist anderer Ansicht: „Natürlich wird man benachteiligt. Vor allem wenn man Kinder bekommt. Man kann nur noch halbtags arbeiten und bekommt danach auch nur schwer die volle Stelle wieder zurück. Und rechnet euch mal eure Rente aus, die ihr bekommt.“
Und dann fällt Nüriye Köktas doch noch eine Geschichte ein: „Ich habe immer im Supermarkt an der Kasse gearbeitet, bis ich Kinder bekommen habe. Danach bin ich zum Chef gegangen und habe gefragt, ob ich meinen Job wiederhaben kann. Da hat er mich gefragt, ob ich putzen kommen will.“