Hilden: Der Cap-Markt ist Geschichte
Projekt: Die Awo ist mit ihrem Konzept gescheitert, behinderte Menschen ins Arbeitsleben zu integrieren. Samstag wurde der Laden geschlossen.
Hilden. Der Kassierer kommt mit dem Scannen der Ware kaum nach. Gerade hat ein Kunde gezahlt, legt bereits der nächste seine Einkäufe aufs Band. "Es ist richtig was los", sagt der Filialleiter des Cap-Marktes, Robert Hornjik (34). "Das ist schon seit Tagen ein Kommen und Gehen - unglaublich." Wie auf Zuruf strömen weitere Menschen in den Laden, die am Eingang von einem Begrüßungskomitee mit einem freundlichen "Hallo, wie geht’s?" empfangen werden.
Doch eigentlich passt diese Fröhlichkeit nicht mit der Stimmung überein, die tatsächlich herrscht. Denn an diesem Samstagmorgen hat der Cap-Markt an der Straßenecke Am Strauch/An den Linden zum letzten Mal geöffnet. Das Geschäft, das vor dreieinhalb Jahren eingeweiht wurde und von der Arbeiterwohlfahrt zur Integration von behinderten Menschen ins Arbeitsleben gedacht war, ist gescheitert. Nach anhaltend schlechten Zahlen - der Verlust 2009 belief sich auf 203 000Euro - zog die Awo jetzt die Notbremse.
"Das tut mir unendlich leid", meint Hildegard Podak - und hat Tränen in den Augen. "Vor allem für die Mädchen, die hier gearbeitet haben. Die waren immer so freundlich und hilfsbereit." Die 91-Jährige wohnt direkt über dem Geschäft und gehörte von Beginn an zu den Stammkundinnen. "Zum Glück lebt meine jüngere Schwester direkt gegenüber. Sie wird künftig meine Einkäufe tätigen müssen."
"Es ist traurig", findet auch Lieselotte Ritzenhoff. Sie und ihre Freundin Theresa Falkenstein kamen regelmäßig in "ihren" Markt. "Wir konnten das immer mit einem Spaziergang verbinden. Jetzt bleibt uns nichts anderes übrig, als mit dem Auto zur Richrather Straße zu fahren. Aber da ist doch alles so unpersönlich."
Den ganzen Frust der enttäuschten Kunden bekommt an diesem letzten Tag der Geschäftsführer der Awo Niederrhein, Erwin Knebel, ab. Immer wieder wird er in Gespräche verwickelt und muss die Gründe für die Schließung rechtfertigen.
Rote Zahlen, die Supermarkt-Konkurrenz in der näheren Umgebung, der zu teure Bio-Metzger: Die Ursachen für das Aus sind vielfältig. "Unsere Entscheidung für den Bio-Metzger war sicher nicht die beste. Aber sie ist beileibe nicht der Grund für das Scheitern", betont Knebel. "Die Hauptschuldigen sitzen rund um die Richrather Straße - das sind die großen Rewe- und Netto-Märkte, die im Übrigen erst nach uns eröffnet haben."
Ein Argument, das Kundin Monika Pein nicht gelten lassen will. "Ich bin zwar keine Fachfrau", sagt sie. "Aber wenn man merkt, dass etwas ins Ungleichgewicht gerät, muss das Konzept geändert werden. Wie, weiß ich natürlich auch nicht. Aber es ist doch blauäugig, so weiterzumachen wie bisher."
Apropos weitermachen: Neben den zehn Mitarbeitern mit Handicap sind von der Schließung auch Filialleiter Robert Hornjik und seine Stellvertreterin Diana Lindloff (38) betroffen. Beide haben jedoch Glück im Unglück. Während Hornjik zum 1. Oktober "einen Job im Einzelhandel" gefunden hat, fängt Diana Lindloff ausgerechnet beim Widersacher Rewe an der Richrather Straße an.