Hilden: „Erzähl’ mir doch mal was“
Die Hildenerin Astrid Drick hat für ihre Dissertation eine Methode zur Sprachförderung entwickelt.
Hilden. Besuch in einer Tierarztpraxis: Die Zwillinge Lennart und Pia (5) zeigen auf ihren Stoff-Elefanten: "Er hat Bauchschmerzen." Das reicht der Ärztin nicht. Sie will mehr wissen: Seit wann, woher und weshalb? Immer wieder unterbricht sie die Kinder und fragt nach. Sie will die Details und Hintergründe erfahren. Die Situation ist nachgestellt. Pia und Lennart besuchen das Familienzentrum der Sozialpädagogischen Einrichtung Mühle. Dort arbeitet auch die vermeintliche Tierärztin: die Sprachwissenschaftlerin Astrid Drick. Die Hildenerin arbeitet derzeit an ihrer Dissertation zur "Sprachförderung in Kindergärten".
Sprachförderung gehört zu den wichtigsten Aufgaben im Kindergarten. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Dennoch gibt es in Fachkreisen und auch in der pädagogischen Praxis große Unsicherheiten darüber, wie die Förderung am effektivsten umgesetzt werden kann. So gibt es zwar finanziell eine einheitliche Förderung (340Euro pro Kind und Kindergartenjahr) durch den Landschaftsverband, aber keine Vorgaben zum Vorgehen.
Allein in den städtischen Einrichtungen in Hilden werden rund 80Kinder pro Jahr gefördert. Dort ist das Verfahren einheitlich. "Aber jeder Träger ist frei bei der Entscheidung, welche Methode er anwendet", sagt die stellvertretende Jugendamtsleiterin Birgit Schimang. Diese Freiheit birgt aber die Gefahr, auf das falsche Pferd zu setzen. Deshalb nähert sich Drick diesem Thema aus wissenschaftlicher Sicht.
"Jede Sprachförderung ist wichtig", sagt die Sprachwissenschaftlerin. "Aber die meisten Programme sind nur auf den sprachstrukturellen Raum ausgerichtet." Das sind Grammatik, Wortschatz und Laute. "Meine Methode geht von einer ganzheitlichen Förderung aus", sagt Drick. Und die funktioniert am besten, wenn die Kinder frei erzählen. Ihr Projekt läuft deshalb sinnigerweise auch unter dem Namen "Erzähl’ mal was".
Durch das Erzählen lernen die Kinder besser und umfassender. Das hat das über zwei Jahre laufende Projekt ergeben. Anhand eines von der TU Dortmund entwickelten Beobachtungsbogens hat Drick herausgefunden, dass die Kinder der Erzählgruppe größere Fortschritte gemacht haben als eine gleich große Kontrollgruppe ohne spezielle Erzählförderung. Einen erheblichen Anteil am Erfolg hatten dabei die Eltern, denn "ohne sie läuft überhaupt nichts", so Drick.
Zurzeit läuft die Elternphase des Projektes. "Alle Eltern wollen ihre Kinder fördern, nur die Umsetzung ist manchmal nicht sehr zielfördernd", sagt Drick. Deshalb ist die Schulung der Eltern für sie gleichermaßen wichtig. Sie müssen lernen, ihren Kindern zuzuhören, ihre Signale erkennen und sie zum weitererzählen motivieren. "Denn das Sprachverhalten der Erwachsenen ist absolut ausschlaggebend", so Drick - und das gilt für jede Art der Sprachförderung.