Handwerk ist sehr gefragt Handwerker sind derzeit begehrt
Langenfeld · Der 23-jährige Handwerksmeister Maximilian Boes blickt auf das erste halbe Jahr Selbstständigkeit zurück. Er kann sich über mangelnde Aufträge nicht beschweren. Allerdings sind die Holzpreise enorm gestiegen – um rund 400 Prozent.
Den Meisterbrief der Handwerkskammer Köln erhält der damals 22-jährige Maximilian Boes im November 2020. Vorausgegangen ist eine dreijährige Ausbildung, eine Kombination aus Unterricht am Technischen Berufskolleg Solingen und einer Lehre beim Langenfelder Dachdeckerbetrieb Gebrüder Jansen. In der Meisterprüfung gilt es, eine echte Auftragserteilung und -erledigung zu simulieren.
Dazu gehört für Max Boes ein einprägsamer Firmenname, dabei entstand Maxx Boes Dachtechnik. „Das löst bis heute sofort die Frage aus, was die zwei XX sollen“, schmunzelt er über die irristierende, aber offenbar wirkungsvolle Marketing-Idee.
Am Anfang war es ein
großes Abenteuer
Mit Firmenlogo und einem Mitarbeiter startet er vor einem halben Jahr in das Abenteuer Selbstständigkeit. Die lokale Vernetzung seines Vaters, des Bau-Sachverständigen Guido Boes, hilft ihm sicherlich, schnell die ersten Kunden zu finden. Erschwerend ist dagegen der in dieser Zeit beginnende rasante Rohstoffmangel sowie ein erheblicher Preisanstieg; Holz verteuert sich um rund 400 Prozent. Für seine ersten Angebote eine echte Herausforderung. Corona ist kein Thema, „Arbeit an der frischen Luft und viele Immobilieneigentümer, die sich – mangels alternativer Beschäftigungen oder Urlaube – verstärkt um ihre Häuser kümmern“. Boes’ Kunden kommen überwiegend aus Langenfeld. Das auf einer modernen Homepage präsentierte Angebotsspektrum ist vielfältig. Schwerpunkt sind aktuell energetische Sanierungen, oft gefördert durch KfW-Mittel. Steildachsanierungen, wie etwa beim Objekt am Langenfelder Amselweg, dienen inzwischen weniger der Energieeinsparung im Winter als – dank einer durchgehenden Dämmebene – dem sommerlichen Wärmeschutz und der Optimierung des Raumklimas. KfW-Mittel gestützte Arbeiten erfordern besondere Sorgfalt. Nicht nur die Angebote und Pläne, sondern auch die Arbeit vor Ort wird von Energie-Bausachverständigen kontrolliert und protokolliert.
Inzwischen beschäftigt Boes zwei feste Mitarbeiter und einen erfahrenen Kompagnon als Springer. Vielleicht kommt noch ein Auszubildender dazu. Arbeit gibt es genug, kleinere Reparaturaufträge stapeln sich inzwischen in seinem Büro.
Schon vor den Flutereignissen vor drei Wochen klagten Kunden über fehlende Handwerker und Probleme bei der Materialbeschaffung. „Wir haben teils beträchtlicher Wartezeiten“, räumt NRW-Handwerkspräsident Andres Ehlert in einem WDR-Interview ein. 13 Wochen warte man vielfach auf einen Dachdecker, zwölf beziehungsweise zehn Wochen auf einen Maurer oder Heizungsbauer. „Nur“ neun Wochen sind es – laut Ehlert – bei einem Fliesenleger oder Maler. Aktuell gelten auch diese Zeiten nicht unbedingt. „Durch die Flut müssen Handwerks-Aufträge priorisiert werden“.
Vor sieben Uhr beginnt Maximilians Tag im Büro mit dem Lesen der E-Mails, von acht bis nach 16 Uhr ist er „selbst und ständig“ am Bau, dann folgen weitere Stunden im Büro, gelegentlich mit familiärer Hilfe. Für seine Mitarbeiter führt er unter anderem ein Arbeitszeit-Gleitkonto, um saisonalen Schwankungen oder Witterungseinflüssen begegnen zu können. An Wochenenden kümmert er sich um größere Pläne, Projekte oder Angebote, für die er „etwas Ruhe braucht“. Zu viel Zeit wendet er – so sein Empfinden – als „Neuling“ für Angebote auf, es gibt Kunden, die holen drei bis fünf Angebote ein. „Da muss ich noch das Gespür entwickeln, wo es überhaupt Sinn macht“.
Bei gutem Wetter dauert die Dachdecker-Saison bis kurz vor Weihnachten, los geht es dann wieder Ende Januar. Zeit für Hobbys bleibt kaum. Das Mountain-Bike steht ungenutzt im Keller, „das Verletzungsrisiko wäre auch zu groß“, tröstet er sich.