Langenfelder Chronik: 1935 – Jahr des Übergangs
In Kürze erscheint der neue Band. Der WZ wurde schon einmal ein Einblick gewährt.
Langenfeld. Noch wehen an den Kirchen keine Flaggen. Pfarrer Theodor Breuer von St. Martin hält in seiner Pfarrchronik fest, wie er und sein evangelischer Kollege Hans Berghöfer (Immigrath) von den Nazis zurecht gewiesen werden, weil sie sich weigern, an ihren Gotteshäusern das Hakenkreuz zu hissen. Volksschullehrer Karl Giesen, gleichzeitig Leiter der katholischen Jugend Richrath, wettert schriftlich gegen die Hitler-Jugend: "Sie legen Ihre Übungsstunden immer so, dass ich keine geistlichen Jugendstunden mehr abhalten kann. Ich fordere Unterlassung!"
1935 funktioniert die Gleichschaltung der Gesellschaft noch nicht. "Bei der Durchsicht der vorhandenen Gestapo-Akten wundere ich mich immer, wie wenig Langenfelder zu diesem Zeitpunkt in der NSDAP waren", sagt Günter Schmitz vom Arbeitkreis Geschichte der Volkshochschule. Zusammen mit Paul-Heinz Schwieres, Kurt Heidrich und Günter Heinrichs gewährte er der WZ schon mal einen kleinen Einblick in den nächsten Band der "Langenfelder Chronik". Der "Wälzer", über 450 Seiten reinen Textes stark, beleuchtet das Leben in Langenfeld im Jahr 1935. Ein Register und das Vorwort werden noch erstellt.
Keine Mühen wurden gescheut: Im wesentlichen schrieben die Mitglieder alle Texte ab, da die verwandten Primärquellen nicht digitalisierbar sind. Schmitz & Co haben sich vor allem der "Bergischen Post", der "Allgemeinen Zeitung" und der "Rheinischen Landeszeitung" bedient, sahen Urkunden aus Archiven, Schul- und Vereinschroniken ein. "Auffällig ist, dass gerade in Vereinschroniken die Jahre 1933 bis 1945 gern übersprungen werden", sagt Schmitz.
1935, das sei das "Jahr des Übergangs" gewesen, gekennzeichnet vor allem durch die so genannte "Wehrfreiheit" und die "Ernährungsfreiheit". Schmitz: "Im März 1935 wurde die allgemeine Wehrpflicht wieder eingeführt. Das traf auch Langenfeld: Vor dem Haus Wagner sammelten sich die ersten Betroffenen. Im Oktober 1935 verabschiedeten die Vereine dann mit großen Feiern stolz ihre Rekruten." Und in Reusrath sei ein riesiges Gemüseanbaugebiet entstanden, das zur Ernährung der Region dienen sollte - Stichwort: "Ernährungsfreiheit". Schmitz: "Gartenbauvereine gründeten sich, Kaninchenzuchtvereine sorgten für die Fleischversorgung. Göring hatte gefordert, dass sich Deutschland selbst ernähren sollte - ohne Produkte aus dem Ausland."
Vor 25 Jahren gegründetDer Arbeitskreis Geschichte der Volkshochschule (VHS) besteht seit über25 Jahren. Die Mitglieder recherchieren Lokalgeschichte inehrenamtlicher Arbeit.
Treffen Einmal pro Monat trifft man sich zur "Plenarsitzung" im Kulturzentrum, Hauptstraße 133.
Langenfelder Chronik Die "Langenfelder Chronik" beinhaltetbereits detaillierte Ausarbeitungen über das politische Leben in derStadt zwischen 1931 und 1933 sowie die Jahre 1933 und 1934. In Kürzekommt der Band über das Jahr 1935 heraus.
Die Mitglieder Zum Arbeitskreis gehören Günter Schmitz(Leiter), Michael Brückner, Heinz Evertz, Kurt Heidrich, GünterHeinrichs, Hans Jung, Erika Keisinger-Monjau, Ilse Schittko, Paul HeinzSchwieres, Horst Waldner und Norbert Willems.
Kontakt Bürger, die über noch verwertbare Dokumente verfügen, können sich bei der VHS, Telefon 79 44 81/82, melden.