Mit dem Bademeister auf Streife
Udo Janitschek wacht seit 35 Jahren über die Gäste im Langenfelder Stadtbad. Er liebt seinen Beruf, kennt aber seit einem tödlichen Badeunfall auch die Schattenseiten.
Langenfeld. Udo Janitschek zieht seine Sonnenbrille ein Stück tiefer, blickt über die dunklen Gläser, seine Hand fährt langsam Richtung Trillerpfeife — doch zum Einsatz kommt sein rotes Arbeitsgerät nicht. Die Jungs auf dem Sprungturm haben den Bademeister am Beckenrand bemerkt — jetzt springen sie gesittet einer nach dem anderen in das Wasser.
Udo Janitschek kennt seine Pappenheimer. 35 Jahre ist er bereits im Dienst. „Da hat man einen Blick für Unruhestifter.“ 1976 begann er seine Ausbildung im Langenfelder Stadtbad — noch heute wacht er dort über die Badegäste.
Die Freibadsaison war schon immer eine besondere Herausforderung für ihn und sein Team. 7500 Besucher hat er vor Jahren einmal an einem Tag gezählt. „Früher waren wir mit zehn Leuten im Einsatz. Heute besteht das Stammpersonal aus dreien.“ Für Udo Janitschek bedeutet das: deutlich mehr Verantwortung auf seinen Schultern.
Drei Jugendliche stehen plötzlich vor dem Bademeister. Einer hält seine linke Hand in die Höhe, Blut läuft den Daumen herunter. Bevor die Jungs etwas sagen können, zeigt Janitschek auf seinen Kollegen. „Er kann dir ein Pflaster geben.“
Auch das gehört zu den Aufgaben eines Bademeisters. „Den Leuten ist gar nicht bewusst, was wir alles machen.“ Der 50-Jährige gibt auch Schwimmunterricht für Kinder und nimmt das Seepferdchen ab. Das sind die schönen Seiten seines Berufes. „Es ist ein tolles Gefühl, Kindern das Schwimmen beizubringen.“
Die schlimmste Seite seines Berufes lernte Udo Janitschek im vergangenen Jahr kennen. „Das war der 5. Juni“ — das Datum hat sich in sein Gedächtnis gebrannt. Für immer, da ist er sich sicher. Er hörte Hilfeschreie. „Kinder rufen öfter aus Spaß um Hilfe, aber wenn es einer ernst meint, höre ich das sofort.“
Badegäste hatten einen Mann entdeckt, der leblos im Wasser trieb. Janitschek holte ihn raus. „Puls und Atem waren nicht mehr da“, erzählt er, seine Stimme wird leiser. Die Feuerwehr war schnell vor Ort. „In diesem Moment kommen dir drei Minuten aber wie eine Ewigkeit vor.“ Der Mann konnte noch im Bad wiederbelebt werden, aber am Abend kam ein Anruf: „Er hat es nicht geschafft.“ Nach dem Vorfall kamen Janitschek Zweifel, ob er seinen Beruf weiter ausüben kann. „Noch heute läuft mir ein Schauer über den Rücken, wenn ich davon erzähle.“ Der Mann, der mit Muskelshirt, Silberkettchen und braungebrannter Haut eher an Baywatch als an Bademeister erinnert, wird plötzlich still. Er zögert kurz, sagt dann: „Nach 35 Jahren wollte ich aber auch nicht einfach aufgeben.“
So steht er auch in dieser Freibadsaison wieder am Beckenrand und wacht über die Badegäste. „Es ist ja schon ein schöner Beruf“, sagt er zum Abschluss und lächelt kurz.