Monheim: Akrobatik - Die Sehnsucht der Delfine nach den großen Sprüngen
Wer Lust auf pure Akrobatik hat, kann gerne im „mona mare“ vorbeischauen. Der Verein trauert allerdings dem brachliegenden Springerbecken nach.
Monheim. Aufrecht und mit weit ausgestreckten Armen steht Luca auf dem Brett. Die Augen sind geschlossen. Der Elfjährige atmet drei Meter über der Wasseroberfläche des "mona mare" tief ein.
Dann holt er mit einem Sprung in die Höhe Schwung und stürzt rückwärts in die Tiefe - mit dem Kopf voran im freien Fall. Sekundenbruchteile später taucht er kerzengerade ein. Klaus Fliescher lächelt. Der 62-Jährige hat den Sprung aufmerksam beobachtet. Er ist Vereinsvorsitzender des Delfin Springer Teams, das gerade vor seinen Augen und denen von Trainer Peter Lenz (22) sein Training absolviert.
"Wasserspringen ist nicht nur eine spektakuläre Sportart, in der man sich beweisen kann, es ist eine Art Geisteshaltung", so Fliescher, der seit 35Jahren am Monheimer Beckenrand steht. "Das Selbstbewusstsein ist ein Effekt, den der Sportler mit ins Alltägliche nimmt. Er lernt, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren."
Das wissen die bis zu 15 Springer zwischen acht und 20 Jahren, die regelmäßig die Bretter des "mona mare" besteigen. Angeleitet von fünf Trainern springen sie alle nur denkbaren Varianten von Salti und Schrauben.
"Es ist eine umfassende und komplizierte Sportart", beschreibt Fliescher das Kunstspringen, das im Gegensatz zum Turmspringen von Brettern statt von Sprungtürmen aus Stein begangen wird. Der Blick des 62-Jährigen wird wehmütig. Es war einmal anders. Die Monheimer verfügten über eine Turmspringer-Anlage, die in der Region einmalig war. Dann wurde das Freibad geschlossen. Das Springerbecken liegt brach.
Dabei war Monheim einst in aller Welt für diesen Sport bekannt. Zwar gibt es den Verein erst seit 1999, doch bereits 20 Jahre zuvor hob die damalige Springerabteilung des Sportvereins "Rot-Gelb" - aus deren Auflösung der Verein entstand - das erste internationale Jugendmeeting aus den Angeln. Sieben Nationen waren da.
Fliescher - selbst ehemaliger Springer und zehn Jahre lang für die deutsche Jugendnationalmannschaft zuständig - hat die unzähligen Zeitungsartikel in dicken Presseheften archiviert. Er erinnert sich an ein Monheim, das zu Freibadzeiten weltweite Anziehungskraft für Wassersportler besaß: "Wir haben alle deutschen Jugend- und offenen Meisterschaften ausgerichtet, waren über viele Jahre weltweit als Austragungsort bekannt. Viele Olympioniken haben sich hier regelmäßig für die Spiele fit gemacht."
Das "mona mare" bietet zwei Einmeterbretter sowie ein Dreimeterbrett. Die Trainingszeiten sind begrenzt. Früher haben die Sportler im Freibad im Sommer teilweise ganze Tage mit bis zu 60 Springern trainiert. Meistertitel gingen an die kleine Stadt, machten sie bekannt.
Der Verein hat heute immerhin noch 50 Mitglieder. Die sportlichen Leistungen sind immer noch beachtlich. "Aber mit der Nutzung des großen Turms da draußen hätten wir noch ganz andere Möglichkeiten", schaut Fliescher aus dem "mona mare" in Richtung altes Freibadgelände.
Er betont: "Es gab vor Jahren eine Abstimmung. Eine Mehrheit der Monheimer hatte sich zwar für die Schließung des Freibades ausgesprochen. Aber die Variante besagte auch, dass das Springerbecken erhalten bleibt. Und was ist passiert? Volkes Wille wird ignoriert", kritisiert er Bürgermeister Thomas Dünchheim. Und selbst ein kämpferischer Klaus Fliescher glaubt nicht mehr an eine Zukunft des alten Springerbeckens.