Historische Stadtführung durch Monheim Der Daniel Zimmermann von 1897
Monheim · Es gab schon einmal einen jungen Bürgermeister voller Visionen: Philipp Krischer führte Monheim vor über 100 Jahren in die Industrialisierung. „Einzug in die Moderne“ heißt eine sehr unterhaltsame Stadtführung mit der Historikerin Christiane Büchel.
Daniel Zimmermann ist nicht der erste Bürgermeister, der jung Monheim zum Frischekick verhalf. Philipp Krischer war nur wenige Tage älter als der 27-jährige Zimmermann, als er 1897 Bürgermeister wurde. Was Krischer, nachdem Monheims Durchgangsstraße benannt ist, während seiner Amtszeit zuwege brachte, erzählt die Historikerin und Stadtführerin Christiane Büchel bei einem Spaziergang zu den industriellen Wahrzeichen der Stadt.
„Einzug in die Moderne“ lautet das Thema, das von 1897 bis 1960 reicht. Die erste Station der Tour ist die Bockwindmühle an der Kirscherstraße, heute nur noch ein relativ verstecktes Modell des Originals an der Ecke Krischerstr-/Niederstraße. „Das war ein Relikt aus vorindustrieller Zeit, als nördlich vom Siedlungskern Monheims in unmittelbarer Nähe des Marienkapellchens weithin sichtbar eine Windmühle stand, und auch – dort wo heute das Raffael’s steht – der ursprüngliche Mühlenhof, der im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde“, erzählt Büchel. „Von der ehemaligen Windmühle weiß heute kaum noch jemand.“ Ganz Monheim sei damals froh gewesen, als die bruchreife Mühle 1895 endlich abgerissen wurde. Kurz danach hielten mit dem jungen Bürgermeister neue Zeiten Einzug.
Start war die Installation einer Feuerwehr, die es damals so gut wie nirgendwo gab, sodass die kleineren Gemeinden immer wieder mit den Folgen von Bränden zu kämpfen hatten. Dann sorgte Krischer ziemlich zügig für Telefonnetz, Volksbibliothek und eine Weberei an der Berghausener Straße. Er ließ eine Niederspannungsleitung ziehen und sorgte für die Grundsteinlegung zum St.-Josef-Krankenhaus. Er ließ Schienen bauen für eine Bahnlinie bis Baumberg und ein Verbandswasserwerk, verfügte amtliche Straßenamen und Hausnummern und machte sich vor allem für den Bau einer Schmieröl-Raffinerie mit den Holländern in Monheim stark, die erst Rhenania und später Shell heißen sollte. Das Verwaltungsgebäude steht noch heute ein bisschen schräg zur Krischerstraße in nahezu unverändertem Zustand. Und die alte Abfüllhalle, deren Fassade unter Denkmalschutz steht, wird gerade zur Eventhalle als Kulturraffinerie K 714 umgebaut.
Krischer gründete
Gromoka und FC Monheim mit
Genau wie bei Daniel Zimmermann heute gab es auch gegen Krischers Idee Widerstand, erzählt Büchel. „Ein Benzinunternehmen wollte der Rat nicht in seinem idyllischen Städtchen haben. Man befürchtete Gestank und Explosionsgefahr“, so Büchel. Aber genau wie heute der junge Kollege verstand es Philipp Krischer sich gegen Widerstand durchzusetzen. Die gleislose Bahn, die zunächst mit ziemlichem Geratter vom Langenfelder Bahnhof nach Monheim quälte, die mit großem Getöse bis in die 1980er Jahre die Krischerstraße entlangfuhr, ließ er schließlich in Gleisen fahren. Aber Krischer kümmerte sich auch ums Gemeinwesen: Er war beteiligt an der Gründung von Vereinen wie Gromoka und dem FC Monheim und seinem Fußballplatz. „Er war sehr umtriebig, ein selbstbewusster Visionär“, sagt Büchel.
Und noch einen anderen Visionär führt sie an: den süddeutschen Benzin-Unternehmer Heinrich Späth. Er war maßgeblich am Wachsen der Öl-Raffinerie Rhenania beteiligt, und schuf an der heutigen Heinrich-Späth-Straße eine Siedlung für gehobene Angestellte. Die wunderschönen Häuser wurden als sozialgeschichtlich anschaulich eingestuft und vor zwei Jahrzehnten unter Fassaden-Denkmalschutz gestellt. Sie sind eine Augenweide und Zeitzeugen des aufstrebenden Monheims. Ihre Erker und Fester, der Putz aus Muschelkalk, die Badehäuschen zwischen den Wohntrakten lohnt es anzuschauen.
Jemand, der letztlich vor der Industrialisierung seines Wohnortes floh, war der Maler August Deusser, dessen Wohnhaus mit Garten heute noch am Rhein erhalten ist. Auch er war ein Moderner, ein junger Wilder, der neue Wege ging und von Monheim aus die rheinischen Künstler in eine neue Zeit führte. Er wollte weg vom romantischen Realismus und begann zu impressionistisch malen, wie damals schon die Franzosen. Er schätze das Licht am Rhein. Und während seine deutschen Kollegen an die Ostsee und das Mittelmeer gingen, wählte der Düsseldorfer Monheim mit seinen schönen Motiven. „Letztlich brachte er durch seine Ausstellungen mit dem Titel „Sonderbund“ von 1909 bis 1912 zum ersten Mal die Moderne ins Rheinland“, sagt Büchel. „In den Ausstellungen hingen Bilder der rheinischen Impressionisten neben Werken ihrer französischen Kollegen. Das Düsseldorfer Kunstpublikum, das damals nicht sehr gut auf die Franzosen zu sprechen war, fand die Werke der einheimischen Künstler natürlich besser“, berichtet die Historikerin. Und so erlangten die deutschen Impressionisten durch Deussers Kunstgriff guten Absatz am Rhein.
Der letzte Punkt ihrer Stadtführung führt zum weißen Hochhaus hinter dem Rathauscenter. Es ist weithin sichtbares Symbol des Aufbruchs Monheims, das seit 1960 die Stadtrechte besitzt. „Seither ist jeder Bürgermeister bemüht gewesen, den weißen Riesen in die Stadtmitte einzubauen/einzufügen“, sagt sie.