Monheim Familie Klenner ist jeck durch und durch
Monheim. · Prinzenpaar, Gänseliesel und Spielmann – alle vier Mitglieder der Familie sind im Monheimer Brauchtum aktiv. Das stellt ihr Leben derzeit gründlich auf den Kopf.
Die Lampe über dem Esstisch von Familie Klenner hängt voller Orden. Die Wände schmücken Grafiken und Poster. „Wir lieben Monheim. Wir alle“, sagt Heike Klenner, die in dieser Session als Prinzessin das jecke Volk der Stadt am Rhein repräsentiert. Und deshalb sind auch alle engagiert im Brauchtum.
Alle, das sind Heike Klenner (48), ihr Mann Holger (49), der als Prinz von Monnem den Takt vorgibt, sowie Hanne (19) als Gänseliesel und Hendrik (22) als Spielmann. Wenn in der Session ein Termin ansteht, und davon gibt es viele, dann tritt die Familie gemeinsam auf. Ungewöhnlich? „So sehen wir das nicht“, sagt Hendrik, der Musikmanagement in Köln studiert. „Wir waren schon immer eine coole Familie“.
Und als sein Vater vorschlug, als Prinz die Session 2018/19 zu gestalten, „da war alles klar“, sagt Hendrik. Er freundete sich mit der Geige an, mit der er den Auftritt seiner Schwester, der Gänseliesel, begleitet. „So richtig kann ich das nicht“, gibt er zu. Aber nach den ersten Auftritten sei die Rückmeldung gewesen: „Das kommt authentisch rüber“. Und das genügt dem Spielmann auf Zeit. Wichtig sei das Gemeinschafterlebnis – auch wenn es manchmal stressig werde.
Die Tage der Familie sind ausgefüllt. „An ein gemeinsames Frühstück ist gar nicht zu denken“, sagt Hendrik. „Jeder muss zu unterschiedlichen Zeiten raus, so dass ich meist der letzte bin daheim und alleine frühstücke.“ Dafür kümmert sich der 22-Jährige, der eigens ein Freisemester genommen hat, um das Mittagessen. „Die Kinder kochen“, bestätigt Heike Klenner, die froh ist, dass alle mithelfen. Zwischen 12 und 14 Uhr kommt Gesundes frisch auf den Tisch. Gegen 14/15 Uhr beginnen in der Hoch-Zeit der Session die Veranstaltungen: Altenheime, Empfänge, Behindertenwerkstätten befreundete Verein. Da komme einiges zusammen. Oft ist die Familie bis nach Mitternacht unterwegs.
„Aber ich habe noch keinen Tag bereut“, sagt Hendrik, der gern neue Menschen kennenlernt. Außerdem kommt er mit den Gefolge des Prinzenpaares gut klar. „Da hilft die Vertrautheit“, sagt er. Denn eigentlich kennt er alle Beteiligten schon von Kindesbeinen an. „Papa hat uns immer mitgenommen“, erzählt er. Etwa zu den Rheinsternchen oder zu den Altstadtfunken. Außerdem wohnen Adjutanten und Ehrendamen in der direkten Nachbarschaft. Das mache vieles einfacher. So müsse man nicht erst zeitaufwendig mit dem Bus jeden einzelnen aus dem Gefolge abholen — und das in der vom närrischen Protokoll vorgeschriebenen Reihenfolge.
Die gilt dann aber im Prinzenbus. In der letzten Reihe sitzt immer die Gänseliesel zwischen Spielmann (r.) und Schelm. In der ersten Reihe sitzt die Prinzessin in der Mitte, links von ihr der Prinz, rechts die Ehrendame. Vorne neben dem Fahrer nehmen dann der persönliche Adjutant des Prinzen Platz sowie die zweite Hofdame.
Gut ist auch, dass sich alle an der Alten Brauerei 10, dem Domizil der Familie Klenner, treffen. „Dann kann jeder noch einmal helfen, wenn irgendwo etwas nicht klappt, wenn der Prinz Hilfe bei seinem Wams benötigt, der hinten geschlossen wird, oder irgendwo noch ein Knopf fehlt. „Der kann dann rasch angenäht werden“, sagt Heike Klenner. „Außerdem haben wir eine Whatsapp-Gruppe, über die wir uns verabreden“, sagt Hendrik.
Auch Hanne, die eine Ausbildung zur Hotelfachfrau macht, hat „der Papa“ irgendwann mal mitgenommen.“ Zu den Funkenkindern zum Beispiel. Hanne hat sieben Jahre lang Gardetanz gelernt. Jetzt ist sie bei den Altstadtfunken. „Ich bewege mich gern, und alle haben Freude an der Sache“, beschreibt Hanne ihre Motivation. Vor allem die Karnevalsveranstaltungen der Lebenshilfe hat sie gern besucht. Jetzt, als Gänseliesel, ist eher ihre Stimme als ihre Beweglichkeit gefragt. Sie singt das Gänseliesel-Lied. Traditionell beendet die Traditionsfigur bei der Gromoka mit ihrem Lied die Sitzung – mit dem Hinweis, dass alles, was geschehen ist, der Schweigepflicht unterliegt. Psst.
Während das Gefolge in der zweiten Reihe steht, muss der Prinz, der übrigens an Altweiber 50 wird, stets Präsenz zeigen und reden. „Das mache ich meist aus dem Stegreif“, sagt er. „Ich frage mich, worüber ich reden will, worüber ich reden muss, wo die Pointe ist und wen aus dem Publikum ich nicht vergessen darf“, beschreibt er sein Rezept. „Länger als fünf Minuten werde ich nicht sprechen.“ Außerdem habe Ex-Prinz Rolf I. immer ein paar Tipps parat, was gerade beim jeweiligen Verein auf der Agenda steht. Auch wenn er locker rüberkommt: „Lampenfieber hab’ ich immer.“
Urgroßvater Huber Hölzer
war 1908 Prinz in Monheim
Auch Heike Klenner geht es so. „Aber ich muss ja keine große Rede halten. Nur an Altweiber und bei der Damensitzung der Gromoka bin ich gefragt“, sagt die Prinzessin. Sie sieht sich in einer guten karnevalistischen Tradition. Ihr Urgroßvater Huber Hölzer war 1908 Prinz in Monheim – also vor genau 111 Jahren. Jeck sei ihre Familie schon immer gewesen. Sie selbst habe sich 2004 den Engelchen angeschlossen. Seitdem ist sie im jecken Brauchtum aktiv und weiß auch, wie fantasievolle Kostüme entstehen. Seit 2013 ist sie Vorsitzende der Funkenkinder.
Daheim gibt es kaum ein anderes Thema. Das Arbeitszimmer von Holger Klenner ist Ankleidezimmer. Die Kleider von Gänseliesel und Prinzessin hängen auf einem mobilen Ständer. Die Jacken von Spielmann und Prinz sind säuberlich aufgereiht. Darunter die Schuhe – „Lackschuhe für den Auftritt, rote Turnschuhe zum Tanzen“, sagt Prinz Holger. Im Wohnzimmer sieht es aus wie nach der Bescherung. Kartons voller Wurfmaterial stehen in der Ecke. „Für einen Weihnachtsbaum war diesmal kein Platz“, sagt Heike Klenner. Prinz Holger holt noch schnell das Magnetbild, in das die Orden bis zum Jahr 2022 geheftet werden. „Super Idee – oder!?“, findet der Keyaccount-Manager. „Mein Chef war bei unserer Prunksitzung dabei, eigens aus Schweden angereist“, sagt er stolz. Wenn das keine große, jecke Familie ist.