Pensionäre helfen an Schulen aus
An vielen Schulen der Region sind Vertretungslehrer Mangelware. Um Unterrichtsausfall vorzubeugen, springen immer mehr Ruheständler ein. Und die Lehrer von der Reservebank haben sogar Spaß dabei.
Langenfeld/Monheim. Von wegen altes Eisen. Für Ulrich Anhut (69) und Hans Joachim Kesterke (67) ist Ruhestand ein Fremdwort. Sie gehören zu den Lehrern, die freiwillig über die Pension hinaus arbeiten. Anhut unterrichtet mit zwei weiteren Kollegen am Otto-Hahn-Gymnasium in Monheim. Und Kesterke hält seiner Ursprungsschule Konrad-Adenauer-Gymnasium in Langenfeld die Treue. Beide zählen nicht zu der großen Lehrer-Gruppe, die die Tage bis zur Pensionierung zählt oder mit Burnout in den vorzeitigen Ruhestand gehen muss.
Hans-Joachim Kesterke, Lehrer
„So etwas ist mir völlig fremd. Über meine Zeit hinaus zu unterrichten, ist für mich ein angenehmes Hobby“, sagt Anhut, der sechs Stunden pro Woche in der Unter- und Mittelstufe Physik und Bio gibt. „Mir macht das einfach Spaß. Und ich lerne täglich noch dazu. Zum Beispiel beim Umgang mit dem Tablet. Schüler und die jüngeren Lehrer sind da sehr hilfsbereit“, sagt der ehemalige stellvertretende Schulleiter. „Ich komme auch sehr gut mit meinen Schülern zurecht“, versichert er. „Hätte ich das Gefühl, das sei ein verkrampftes Verhältnis und ich müsste mich ärgern, würde ich das nicht machen.“
Es sind gerade die so genannten MINT- (Mathe, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) Fächer, für die Vertretungslehrer fehlen, sagt Martina Weiß, stellvertretende Leiterin des KAG. Deshalb ist Hans-Joachim Kesterke für sie ein absoluter Glücksfall. Vital und voller Ideen bestreitet der Pensionär nach 37 Jahren regulärem Schuldienst den Chemieunterricht und darüber hinaus noch zahlreiche Projekte des Wettbewerbs „Jugend forscht“. Letzteres übrigens neben dem Unterricht. 22 Wochenstunden experimentiert der Naturwissenschaftler mit seinen Schülern im Chemieraum oder diskutiert mit ihnen im Klassenraum. Um nach der Pensionierung weiter arbeiten zu können, hat er sogar ein Jahr lang täglich 85 Kilometer Fahrt zum Siegtal-Gymnasium in Eitorf auf sich genommen. „Zu Hause zu bleiben, wäre mir einfach zu langweilig“, sagt er.
Lehrer zu sein, ist für den Leichlinger eine Berufung. Sich sklavisch an den Lehrplan zu halten, ist nicht sein Ding. Er passt den Chemieunterricht flexibel ans Alltagsgeschehen an. Seine Schüler stellen Sonnenschutz-Creme her, sie machen Bodenanalysen, untersuchen Wupperwasser von der Quelle bis zur Mündung und lernen so für den Alltag. „Ich habe keinen strengen Entwurf, ich gehe auf die Schüler ein und gestalte den Unterricht eher intuitiv“, sagt er. In drei Parallelklassen kann der Chemie-Unterricht mitunter völlig anders aussehen. Natürlich hält er sich an den Lehrplan. Im überwiegend jungen Lehrerkollegium fühlt er sich akzeptiert und „herzlich aufgenommen“. „Ich merke, ich gehöre noch dazu“, sagt er. Die Vertretung für eine Kollegin im Mutterschaftsurlaub dauert noch bis Februar. Eigentlich wollte er sich dann um die Enkel kümmern. „Doch wenn man mich noch einmal fragt, bin ich der Letzte, der nein sagt“, sagt Kesterke. „Enten zu füttern und über Krankheiten zu reden, das überlasse ich gerne anderen.“