Theologe für ungewöhnliche Trauungen
Martin Lieske ist Freier Theologe. Der Gladbach-Fan nimmt die Zeremonie auch in Iglus und in Schlössern vor.
Langenfeld. Früher hat Martin Lieske (43) Brautpaare ganz normal vor dem Altar in der Basilika einer Kirche getraut. In seinem Fall in einem Gotteshaus der Freien Evangelischen Kirche Ecclesia. Heute traut er seine „Kunden“ in Fußballstadien, Aquarien, Iglus oder in entlegenen Schlössern in ganz Europa, im Flugzeug und auf der grünen Wiese. 750 solcher freien Trauungen hat er als Freier Theologe in den letzten elf Jahren vorgenommen. Seit dieser Zeit gehört der ehemalige evangelische Pfarrer mit abgeschlossenem Theologiestudium nicht mehr der Freien Evangelischen Kirche Ecclesia an.
Seinen Job hatte er damals gekündigt, „weil mir der Glaube zu eng wurde“, sagt der Langenfelder. Heute hat er eine Agentur mit 30 freien Rednern, die Heiratswillige in ganz Deutschland betreut, Paare, die sich eine Zeremonie wünschen, aber keine kirchliche Trauung. Und die Zahl wächst, versichert er. Allein für NRW gibt es seinen Worten nach jährlich 1500 Anfragen. Besonders Fußball-Stars scheinen ein Faible für Gladbach-Fan Lieske zu haben. Er traute in diesem Jahr bereits Benedikt Höwedes, Roman Weidenfeller und Marcel Schmelzer. Sie alle saßen mit ihren Zukünftigen im bescheidenen Büro des kleinen Häuschens am Kurfürstenweg zur Vorbesprechung. Denn eins liegt Lieske am Herzen: sich ein Bild von den Paaren zu machen, „wie sie als Team funktionieren, wo sie sich ergänzen, wo Stärken und vielleicht auch Schwächen liegen und welchen Humor sie haben“. Die Informationen bringt er dann in seine Rede ein. „Denn wenn man über das Brautpaar redet, hören alle zu.
Wenn man über Gott und den Glauben philosophiert, nicht.“ Nicht alle seine Klienten feiern so konventionell wie Höwedes in der Auermühle in Ratingen. „Besonders Frauen denken sich da schon ganz außergewöhnliche Orte für ihre Trauung aus“, sagt der Experte. In Österreich erschienen die Hochzeitsgäste in Skianzügen, weil das Brautpaar sie in ein Iglu eingeladen hatte, wo sie auf Eisbänken der Zeremonie folgten. „Eine sehr kalte Geschichte _ auch für mich“, so Lieske. Im Aquarium in Neuwied trugen die Heiratswilligen Blei in Brautkleid und Smoking, ehe sie abtauchten und sich unter Wasser per Schrifttafel das Ja-Wort gaben, das Pfarrer Lieske ihnen allerdings außerhalb des Bassins stehend noch einmal abnahm.
Für nahezu alles ist Lieske zu haben. Nur eine FKK-Trauung auf Rügen habe er mal abgelehnt, berichtet er. „Einfach nicht mein Ding.“ Und eine Trauung in einem abgelegenen Eifel-Waldstück mit keltischen Riten und dem Anrufen Odins sei ihm als Christ dann auch zu weit gegangen.
Wer an Gott glaubt und das bei seiner Trauung auch zeigen möchte, bekommt natürlich Bibelverse und Gebete zu hören. „Es sind meist die Frauen, denen das nüchterne Standesamt nicht reicht, die sich einen Einzug mit Musik und in einem schönen Kleid wünschen, auch wenn sie nicht in der Kirche sind, berichtet der Pfarrer. Martin Lieske bedient diese Wünsche mit einer persönlichen Rede und kleinen Ritualen während der Feier. Viele Menschen erfüllen sich durch ihn Träume: eine Trauung unter einer alten Eiche im Kirchgarten des Geburtsortes oder unterm blauen Himmel der Toscana sowie in romantischen Schlössern in der Provence. Überall hat Lieske schon das Ja-Wort glücklicher Paare hören dürfen.