Thomas Dünchheim: „Die Saat geht endlich auf“
Ex-Bürgermeister Thomas Dünchheim sieht vieles auf gutem Wege. Doch er kritisiert auch Pläne der Wohnbebauung und die Abhängigkeit von Konzernen.
Monheim. Thomas Dünchheim (43) hat zehn Jahre als Bürgermeister und oberster Wirtschaftsförderer vieles auf den Weg gebracht, um den Strukturwandel in Monheim hinzubekommen. Dann wechselte er 2009 in eine internationale Wirtschatfskanzlei — und hat drei Jahre die Entwicklung mit keinem Wort in den Medien kommentiert — bis jetzt.
WZ: Wie fühlen Sie sich nun? Denn kaum sind Sie weg, gibt es eine Erfolgsmeldung nach der anderen.
Thomas Dünchheim: Das ist ein schönes Gefühl. Wenn ich am Rheinpark vorbeifahre und sehe, was sich dort tut, bin ich begeistert. Die Saat geht endlich auf. Als Wirtschaftsförderung haben wir lange hart dafür gearbeitet und wurden häufig nur belächelt. Vieles entwickelt sich sehr gut. Manches leider nicht.
Was entwickelt sich denn sehr gut?
Dünchheim: Die Wirtschaftsförderung hat gut daran getan, geduldig zu sein. Das zahlt sich jetzt aus. Die Ansiedlung von Ecolab im Weidental ist ein großer Wurf. 2003 waren wir da schon einmal dran. Damals gingen sie nach Reisholz. Und da ist natürlich die Gewerbesteuerentwicklung. Die Überlegung mit der Senkung hatten wir schon 2006. Damals hatten wir ein finanzstarkes Unternehmen an der Angel. Wir dachten daran, den Hebesatz auf 360 Prozentpunkte zu senken. Schließlich ging die Firma aber nach Langenfeld. Vielleicht noch ein Hinweis: Die hohen Gewerbesteuerzahlungen heute sind auch mit Vorsicht zu genießen.
Warum? Das ist doch viel Geld.
Dünchheim: Ja, aber das kann in zwei Jahren schon wieder ganz anders sein. Wir profitieren auch von der sogenannten Zinsschranke in der Steuergesetzgebung, und die Landesregierung spricht in ihrem Koalitionsvertrag von einer zusätzlichen Abundanzumlage für gewerbesteuerstarke Kommunen. Noch problematischer: Monheim ist im Grunde auf die Gnade der Konzerne angewiesen. Davon muss man wegkommen. Vor allem auf arbeitsplatzintensive Mittelstandsunternehmen sollte sich die Stadt konzentrieren. Allerdings sollte das seriös geschehen und nicht mit unsinnigen Plakataktionen.
Sie meinen die Monheimer Werbeplakate in Düsseldorf und Neuss?
Düncheim: Ja. Das war nicht klug und viel zu kurzfristig gedacht. Eines habe ich in zehn Jahren Bürgermeisteramt gelernt: Jede Stadt braucht die regionale Verankerung, die regionale Familie. Man sieht sich mindestens zwei Mal im Leben. Und Monheim stellt sich mit so etwas selbst unnötig ins Abseits.
Was entwickelt sich denn weniger gut?
Dünchheim: Die Wohnbauprojekte zum Beispiel. Zwar ist da diese Woche vom Rat offenbar etwas in Baumberg auf den Weg gebracht worden. Doch gesamtstädtisch liegt die Entwicklung neuer Wohnquartiere gerade in den hochattraktiven Lagen im Monheim oder am Baumberger Rheinufer brach — verschenkte Jahre. Und auch, wenn es den Verantwortlichen nicht passt: Wohin mit den Menschen, die nicht in der Etagenwohnung oder im Reihenhaus leben möchten? Da gibt es derzeit gar keine Pläne mehr. Das Zielkonzept 2020 verliert man immer mehr aus den Augen. Wie entwickeln wir die „Grüne Acht“? In welchen Schritten gestalten wir den weiteren Strukturwandel? Was heißt das für die künftig notwendige Wohnbebauung? Wo wollen wir hin? Welche Visionen haben wir? Irgendwie verschwimmen die Linien immer mehr. Und was aus dem ehemals schillernden Projekt Rheinbogen nun geworden ist, finde ich auch verwunderlich. Die Teilnehmer und Bürger in den Arbeitsgruppen „Zielkonzept 2020“ waren — parteiübergreifend — erheblich weiter. Was da jetzt an Naherholung entstehen soll, wird die Altstadt nicht retten.
Was wünschen Sie sich für Monheim, wo Sie ja auch immer noch mit Ihrer Familie leben?
Dünchheim: Ich kann mich nur wiederholen: Die Strukturen müssen klarer und kreativer erarbeitet werden. Welche Ziele verfolgen wir lang- und mittelfristig? Das wird immer mehr in den Hintergrund gedrückt. Ich finde es zum Beispiel schade, dass unser großes Ziel „Hauptstadt des Kindes“ kaum noch thematisiert wird — geschweige denn vorangebracht wird. Wo ist der einstige Elan geblieben? Monheim ist immer noch ein Rohdiamant. Der muss geschliffen werden.