Vorzeigeprojekt in Monheim Gratis-ÖPNV soll Umstieg erleichtern

Monheim/Langenfeld. · Die Bahnen der Stadt Monheim wollen 40 Prozent der Gelegenheitsnutzer dazu bewegen, statt des Autos öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen.

Der Busbahnhof in Monheim-Mitte: Die Bahnen der Stadt wagen keine Voraussage darüber, wie das künftige Gratisfahren angenommen werden wird.

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

„Wir schaffen 17 neue diesel-betriebene Busse an, die dann im Zuge der Taktverdichtung halb leer durch Monheims Straßen fahren?“ Wie das mit dem Klimaschutz vereinbar sei?, fragte Markus Gronauer (CDU) kürzlich im Rat. Tatsächlich habe der enorme Ausbau der ­ÖPNV-Leistungen um 60 Prozent (730 000 Kilometer) noch nicht zu einer sichtbaren Veränderung des Mobilitätsverhaltens der Monheimer geführt, räumt Detlef Hövermann, Geschäftsführer der Bahnen der Stadt Monheim (BSM), ein. „Das kann ein bis zwei Jahre dauern.“ Seiner Beobachtung nach habe sich aber die Situation im Berufsverkehr auf der Opladener Straße entspannt. „Es gibt keine vollgepfropften Busse mehr, keiner wird mehr stehen gelassen.“ Mit konkreten Zahlen kann er indes nicht aufwarten, die Ergebnisse einer Fahrgastzählung der Wupsi stehen noch aus, der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr plant für 2020 eine Erhebung.

Ausbau des ÖPNV führte zu
keiner Verhaltensänderung

Mit der im Januar 2019 eingeführten Taktverdichtung haben die BSM eine wesentliche Voraussetzung für den kostenlosen ÖPNV ab April 2020 geschaffen, so Hövermann. Denn bei der Wahl der Verkehrsmittel spielten für den potenziellen Kunden Pünktlichkeit, passende Anschlüsse und die Taktfrequenz eine wesentliche Rolle. Erst unter ferner liefen komme der Preis. „Wir sind damit in Vorleistung getreten, auch wenn die Busse jetzt noch leer fahren“, sagte er. Als Zielgruppe für den Umstieg auf den ÖPNV nimmt er vor allem die 40 Prozent Gelegenheitsnutzer in den Blick, deren Verhalten allerdings schwer abzuschätzen sei. Dabei ist er sich angesichts der „überschaubaren Größe“ des Stadtgebietes der Konkurrenz durch den Rad- und Fußgängerverkehr bewusst. Diese Menschen zum Busfahren zu animieren, könnte am ehesten in der nassen Jahreszeit gelingen.

Die Stadt hat zugesagt, die dadurch zu erwartenden Erlösausfälle der BSM von 2,5 bis drei Millionen Euro jährlich auszugleichen. Eine Herausforderung ist allerdings, angesichts der Verflechtung mit anderen Verkehrsunternehmen und -verbünden eine Einigung über die tarifliche Ausgestaltung der über das Tarifgebiet 73 hinausgehenden Fahrten zu erzielen. Erstens müsse sichergestellt sei, dass dieses personalisierte Ticket als integrierter Bestandteil des Monheim-Passes auch durch andere Unternehmen lesbar ist. „Und es soll ja nicht nur für die kleine Insel Monheim gelten, sondern auch für die ausbrechenden Verkehre,“ so Hövermann. Über Monheim und Langenfeld hinaus aber dann mit Zuzahlung.

An flankierende Maßnahmen, um den Autofahrern ihre individuelle Mobilität zu verleiden – wie die Anhebung der Parkgebühren –, sei derzeit nicht gedacht, so Bürgermeister Daniel Zimmermann. „Man muss dem Autofahrer ja erst einmal Alternativen bieten. Alles andere schafft nur Unfrieden.“ Wenn die etwa 44 000 Monheim-Pässe Anfang März 2020 versendet werden, erhalten die Bürger auch Broschüren mit umfangreichen Informationen zur Anmeldung des Online-Zugangs, der App und die vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten, so Zimmermann. Am Busbahnhof werde temporär eine zusätzliche Geschäftsstelle eingerichtet, um den mutmaßlich hohen Beratungsbedarf der Bürger bezüglich etwaiger Upgrades (für die nächste Tarifstufe) zu stillen, sagt er. Wenn dann nach drei Jahren Bilanz gezogen werde, heiße das nicht, dass das Projekt kostenloser ÖPNV befristet ist, betont Hövermann. Aber da es um viel Geld gehe, wolle man gucken, wie sich die Fahrgastzahlen entwickelt haben. „Wir haben eben keine Erfahrung damit: Es kann floppen oder boomen.“

Die Städte Templin und Lübben haben bereits den Versuch gewagt, mussten das bisher kostenlose Angebot aber wieder einschränken.