Ausstellung: „Die besten deutschen Comics“
Die Nachfahren von „Max und Moritz“ sind nun in der Stadtbibliothek Mettmann zu sehen.
Mettmann. Platsch! Schon waren Wand und Boden nass. Der Wasserschaden im Museum für Comic und Sprachkunst, dem Erika-Fuchs-Haus im oberfränkischen Schwarzenbach an der Saale wird zum Glück für die Stadtbibliothek Mettmann (Am Königshof 13). Denn dort hat jetzt eine feine Ausstellung für drei Wochen Asyl bekommen. „Die besten deutschen Comics“ treten bis zum 21. Oktober an, Vorurteile über die Kunstform des fixen Federstrichs zu korrigieren.
Schluck! Den wütenden Gedankenblasen mit Blitz, Gewitterwolke und Piratenflagge über den Köpfen besorgter Eltern zum Trotz: Comics sind mehr als dummes Zeug. Das sagt Darjush Davar, der Kurator der Ausstellung und Motor des Max-und-Moritz-Preises 2016. Den bekamen Barbara Yelin (Beste deutschsprachige Künstlerin), Birgit Weyhe (Bester Comic), Katharina Greve (Bester Comic-Strip, Wunderfitz (Bester Comic-Strip), Mikiko Ponczeck (Publikumspreis), Patrick Wirbeleit und Uwe Heidschötter (Bester Comic für Kinder).
Woher kommt der Frauenüberhang? „Wir haben es hier mit der Comic-Avantgarde zu tun, und da, ebenso wie bei japanischen Mangas, sind Frauen eindeutig in der Überzahl“, analysiert Kurator Davar und schiebt versöhnlich hinterher: „Wie die beiden Schöpfer des Kindercomics zeigen, gibt es natürlich auch Männer, die mit ihren Illustrationen Geschichten erzählen.“ Dabei ist die Rollenverteilung klassisch: Malende Männer sind im Superhelden-Genre unterwegs; Zeichnerinnen tuschen sperrige Geschichten.
Wie die in Hamburg lebende und lehrende Münchnerin Birgit Weyhe. Ihr 240 Seiten starker Wälzer „Madgermanes“ wurde als „Bester deutschsprachiger Comic“ ausgezeichnet. Mit „die verrückten Deutschländer“ sind jene 20 000 Vertragsarbeiter aus Mosambik gemeint, die zwischen 1979 und 1991 in die DDR kamen, um Sozialismus zu lernen und das Arbeiten. Den größten Teil ihres Lohnes strich der Staat Mosambik ein.
Als sie zurück nach Hause kamen, war ihre Heimat vom Bürgerkrieg zerrüttet und sie wurden nicht als Helden gefeiert, sondern neidisch beäugt. Ihr „Deutschländer“, habt es euch im Paradies gut gehen lassen, während hier alles zu Bruch ging. Dass sie in der DDR spätestens um 22 Uhr in der Unterkunft zu sein hatten und als Farbige vielen Anfeindungen ausgesetzt waren, wollte niemand gelten lassen. Spätestens an dieser Stelle hat der Ausstellungsbesucher eine hell erleuchtete Glühbirne über seinem Kopf. Denn mit dem Comic aus Oberlehrers Vorurteilskiste haben die Bildergeschichten der nun in Mettmann gezeigten Ausstellung herzlich wenig zu tun.
Barbara Yelin zeichnet die Biografie der Irmina, die in London eine Ausbildung zur Fremdsprachensekretärin beginnt, sich in den Farbigen Howard verliebt und dann jäh zurück muss ins nationalsozialistische Deutschland. Katharina Greve hat ihre Geschichten als Hausetagen gezeichnet und so ein Hochhaus geschaffen, durch das der Leser im Web mit dem Aufzug fahren kann.
Mikiko Ponczek erzählt die Liebesgeschichte zwischen zwei Punk-Musikern — Mainstream statt Avantgarde, wie zuvor. „Ich freue mich, dass wir all das hier zeigen können“, sagt Bernhard Dreyer vom Freundeskreis der Bibliothek. Die passenden Schmöker zum Ausleihen oder Durchblättern gibt es gleich nebenan.
Öffnungszeiten: Dienstag 15 bis 18, Donnerstag 10 bis 13 und 15 bis 18, Freitag 13 bis 18, Samstag 10 bis 13 Uhr.