Beratung im Kreis Mettmann Queere Community ist neuer Pro Famila-Schwerpunkt

Mettmann · Pro Familia hilft nicht nur bei Schwangerschaftskonflikten. Die Mitarbeitenden stehen beratend im Rahmen der Familiengründung zur Seite, sind Lotse im Antragsdschungel und stützen bei Krisen.

Sind beratend bei Pro Familia für ihre Klientel da: Andreas Müller, Miriam Zenz und Feliz Gwiasda.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Betrachten Filiz Gwiasda, Miriam Zens und Andreas Müller die reinen Zahlen, liest sich das Jahr 2022 so: Die Anzahl der Beratungen insgesamt betrug 756 Fälle, 267 davon Beratungen zum Paragraf 5 Schwangerschaftskonfliktgesetz. Damit ist die Zahl an Beratungen im Vergleich zum Vorjahr, damals gab es 870 Fälle, davon 223 zum Schwangerschaftskonfliktgesetz, gesunken. Die Aufgaben und Arbeit der Organisation, die am Standort Mettmann für alle kreisangehörigen Städte und ihre Einwohner zuständig ist, aber ist damit nicht weniger geworden.

„Corona war 2022 noch ein bestimmender Faktor“, führt Sozialberaterin Filiz Gwiasda aus. Konnte nicht im Gespräch vor Ort beraten werden, gab es als Ausweichmöglichkeit Telefonate oder Netzkonferenzen. „Hauptsache, der Kontakt bestand“, wie die Sozialberaterin sagt.

Auswirkungen hatte die Pandemie oft auch auf Schwangere. „Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie sorgen für Unsicherheit in Bezug auf die Zukunftsplanung“, und als sie dann endlich ihren Schrecken verlor, begann Putin seinen Angriffskrieg auf die Ukraine. „Auch dieser Krieg ist Thema in der Schwangerschaftskonfliktberatung hinsichtlich dessen, was werden könnte“, bestätigt Miriam Zenz aus der Verwaltung. Wie lange dauert der Krieg, welche Folgen hat er auf das unmittelbare, persönliche Leben mit möglichen Verknappungen, Energiekrisen oder steigenden Preisen?

Ein weiterer Löwenanteil sind Sozialberatungen zu Kinder- oder Elterngeld ebenso wie bei Bürgergeldaufstockungen oder Unterhaltsvorschuss. Allein der Papierkram ist „nichts, was sich mal eben erledigen lässt“, wie Sozialberaterin Nora Diecks weiß. Sechs Stunden pro Woche steht außerdem Psychologin Ruth Göbel zur Verfügung, sie ist als Paar- und Sexualberaterin gefragt und steht Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch oder nach Fehlgeburten zur Seite.

Beraten wird in den Sprachen Deutsch, Türkisch und Englisch – die Sprachen, die die Mitarbeitenden sprechen. Neu angeschafft wurde ein funktionables Gerät, ein Übersetzer, der 35 Sprachen spricht und eine wertvolle Hilfe bei der Beratung Geflüchteter ist.

Das Angebot von Pro Familia Mettmann an der Elberfelder Straße 6 ist niederschwellig. Gewünscht wird die telefonische Verabredung vorab. Über ein „gut funktionierendes, engmaschiges Netzwerk“ mit anderen Einrichtungen im Kreis verfügen die Mitarbeitenden für den professionellen Austausch. Das trägt und wird auch für zukünftige Aufgaben wichtig. „Wir brauchen keine Werbung zu machen“, sagen die Mitarbeitenden über das Fehlen jedweder Reklame. „Wir haben Zulauf.“ Und die Resonanz der Klientel ist positiv, „wir werden gewertschätzt“.

Andreas Müller, als Sexualpädagoge unter anderem für die Aufklärungsarbeit in den Schulen verantwortlich, hat nicht nur Themen wie den ersten Geschlechtsverkehr, Einordnung pornografischer Darstellungen oder Mobbing auf seiner Liste. Zunehmend geht es auch um die LSBTI*-Community. Das Kürzel steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen.

Zu Müllers Projekten gehört es, junge Leute einerseits für diese Community zu sensibilisieren und andererseits Mitgliedern der Community beizubringen, sich vor homo- oder transfeindlichen Angriffen zu schützen.

Pro Familia könnte und würde noch wesentlich mehr tun, gäbe es mehr Kollegen und mehr Geld.

80 Prozent werden vom Land finanziert, 20 Prozent als freiwillige Leistung vom Kreis Mettmann.