Mettmann: 832 Fahnen zeigen die Not
Gesellschaft: Der Kinderschutzbund macht mit der Flaggenaktion erneut auf Armut aufmerksam.
Mettmann. Seit 19 Jahren arbeiten Leiterin Barbara Schulenberg und Geschäftsführerin Sylvia El Mohammed beim Deutschen Kinderschutzbund (DKSB) zusammen. Wenn jemand in Mettmann einen Überblick in Sachen Kinderarmut hat, dann sie. "Leider haben wir oft das Gefühl, dass wir immer wieder von vorne anfangen müssen", sagt Schulenberg. Deshalb weisen sie am Donnerstag in einer mittlerweile jährlichen Fahnenaktion wieder auf Missstände in der Kreisstadt hin.
Die Aktion organisiert der DKSB bereits seit 2005. Dabei wird für jedes Kind zwischen null und 17Jahren, dessen Eltern von Sozialleistungen und damit am Existenzminimum leben müssen, auf einer Wiese an der Düsseldorfer Straße ein Fähnchen aufgestellt. Und jedes Jahr wird das Fahnenmeer größer. Während 2008 noch 701 und vergangenes Jahr schon 772 Flaggen aufgestellt wurden, steckt der DKSB am Donnerstag ab 16 Uhr ganze 832 Fähnchen in die Erde.
Jede Fahne steht dabei für ein Kind, dessen Eltern laut Sylvia El Mohammad nur 1,19 Euro für Schule, Sport und Kultur des Nachwuchses zur Verfügung haben. "832 arme Kinder. Das ist eine erschreckende Zahl. So sieht es eben auch in einer relativ reichen Stadt wie Mettmann aus, auch wenn man das vielleicht im Alltag nicht so mitkriegt", sagt Sylvia El Mohammed. Der DKSB hingegen hat jeden Tag mit Armut zu tun. Zwar sei laut Kinderschutzbund nicht jedes Kind, das an der Minimalgrenze lebe, betreuungsbedürftig, aber sie hätten durchaus Nachteile.
Deshalb bietet der DKSB beispielsweise eine Hausaufgabenbetreuung an. 60 ehrenamtliche Mitarbeiter geben rund 100 bedürftigen Kindern gezielte individuelle Nachhilfe. Für einen Eigenanteil von monatlich 33 Euro bekommt jedes Kind von Sozialhilfeempfängern acht Wochenstunden.
Das wirkt. "Im letzten Schuljahr wurden alle betreuten Kinder versetzt", kann der DKSB stolz vermelden. Auch Angebote wie das Elterncafé oder Hausbesuche, bei denen volle Familiensozialarbeit geleistet wird, werden angenommen. Dabei ist viel Aufklärungsarbeit nötig, um auch Eltern Scheu und Angst zu nehmen.
Teils kennen Schulenberg und El Mohammed bereits die dritte Generation einer Familie. Den Teufelskreis der Armut zu durchbrechen, sei für viele Menschen ein dauerhaftes Problem. "Soziale Arbeit ist aber auch nur erfolgreich, wenn sich Menschen langfristig für Bedürftige engagieren", sagt Schulenberg und hofft durch die Fahnenaktion nicht nur Spender, sondern auch neue Ehrenamtliche zu aktivieren.
Die vergangenen Aktionen waren in der Hinsicht erfolgreich. Die Menschen interessierten sich für die Fähnchen, Mitarbeiter wurden angesprochen. Dabei blieb es aber nicht. So bat unter anderem ein pensionierter Lehrer seine Hilfe an. Auf solches Engagement hofft Barbara Schulenberg auch diesmal.