Justiz in Mettmann Amtsgericht-Prozess: Mann muss in Therapie
METTMANN/WUPPERTAL · Das Amtsgericht hatte einen 44-Jährigen zu elf Monaten Haft verurteilt. Dabei bleibt es. Aber vorher gehts in den Entzug.
(magu) Eines war schon zu Beginn der Verhandlung klar: Es muss sich etwas ändern im Leben des Angeklagten. Seit Jahren drogenabhängig und mittlerweile ganz unten angekommen. Nach der bislang letzten Haftentlassung war die Freundin weg und dazu auch noch die Wohnung. Der 44-Jährige lebt in der Obdachlosenunterkunft am Hammerplatz und wird unterstützt von der Wohnungslosenhilfe der Caritas. Das größte Problem: die Drogensucht und der Hang zum Alkohol. Letzteres hatte im September 2021 zu einer folgenschweren Begegnung mit drei Brüdern geführt. Einem der Männer schlug der gebürtige Kasache mit der Faust ins Gesicht, das ebenfalls alkoholisierte Opfer fiel zu Boden und erlitt eine Platzwunde.
Der Alkohol hatte den
Beteiligten die Sinne vernebelt
Als die beiden Brüder helfen wollten, soll der Angeklagte auch sie geschlagen haben. Als Zeugen sind sie unbrauchbar, der Alkohol hatte allen die Sinne vernebelt. Wer wann und warum angefangen hat mit der Streiterei mitten in der Nacht auf der Teichstraße, kann nicht mehr aufgeklärt werden. Dass er mit der Faust zugeschlagen hat, räumt der Angeklagte ein. Ursprünglich soll ihm die Staatsanwaltschaft noch Tritte vorgeworfen haben, davon will er nichts wissen. Das Amtsgericht hatte den Mettmanner zu elf Monaten Haft verurteilt, dagegen war der Mann in Berufung gegangen. Das Ziel: eine Bewährungsstrafe.
Schaut man auf das Leben des 44-Jährigen, lässt sich eines sagen: Die Unterstützung durch die Caritas scheint ihm Halt zu geben. Zum Gerichtstermin kam er mit einer Therapiezusage für 26 Wochen, seit Längerem ist er im Methadonprogramm. Auch dass er überhaupt zur Verhandlung kommt, und das zuverlässig und überpünktlich, ist längst nicht selbstverständlich.
Nun ging es darum, ob er wieder hinter Gitter muss. Das wiederum hätte bedeutet, dass der zugesagte Therapieplatz in weite Ferne gerückt wäre. Mal eben so aus den elf Monaten Haft eine Bewährungsstrafe machen – das wollte die Berufungsrichterin dann aber nicht. Die Sozialprognose sei nicht gesichert und ohne einen psychiatrischen Sachverständigen wolle sie nicht weiter verhandeln, weil nur der Gutachter die massive Drogenabhängigkeit des Angeklagten in dessen Biografie einordnen könne. Immer wieder hatte es Straftaten gegeben in der Vergangenheit, teils auch inmitten noch laufender Bewährungen. „Hier einfach so eine weitere Bewährungsstrafe zu verhängen, ist sicher auch nicht im Sinne des Angeklagten“, stellte die Berufungsrichterin klar. Am Ende einigte man sich auf den Paragrafen 35 des Betäubungsmittelgesetzes: Therapie statt Strafe. Es bleibt bei den elf Monaten Haft ohne Bewährung, die allerdings werden „zurückgestellt“, um eine Therapie zu ermöglichen. Die Therapiezeit wird auf die Strafe angerechnet, der Rest wird zur Bewährung ausgesetzt – sofern er die Chance nutzt.