Justiz in Mettmann Wie sich ein Angeklagter um Kopf und Kragen redet
METTMANN/WUPPERTAL · Irgendwann wurde es dem Berufungsrichter zuviel – und er schickte einen Angeklagten mit seinem Anwalt vor die Tür. Der Auftrag: wieder zur Vernunft kommen.
(magu) Dass er in Schlangenlinien über die A3 gefahren sein soll? Dass er in der Mettmanner Innenstadt zwei rote Ampeln überfahren haben soll? Und dass er in den Gegenverkehr gekommen sein soll und nur eine Notbremsung einen Unfall verhindert hatte? All das hatte ein 43-jähriger Autofahrer schon beim Amtsgericht vehement bestritten. Dort war er dennoch wegen vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung zu 900 Euro Geldstrafe verurteilt worden und der Führerschein war erst einmal weg. Vor dem Berufungsrichter redete er sich nun um Kopf und Kragen.
Die Zeugen, die seine Fahrt von Oberhausen nach Mettmann auf dem Handy gefilmt hatten, verdächtigte er einer Straftat. Die seien keineswegs hinter ihm gewesen, stattdessen hätten sie ihm in Mettmann auf der Seibelstraße aufgelauert. Der Angeklagte hatte sein Auto auf dem Mitarbeiterparkplatz eines Busunternehmens abgestellt, von dort hat ihn die Polizei mitgenommen zur Wache. Aber damit nicht genug: Der 43-Jährige behauptete plötzlich, seine Frau sei bei der Fahrt dabei gewesen und solle als Zeugin gehört werden. Weder die Zeugen, noch die Polizei hatten sie damals im Auto gesehen. Der Anwalt hatte Mühe, seinen Mandanten davon abzubringen, dass der seine Frau zur Aussage drängt. Ihr hätte eine Anzeige wegen Falschaussage gedroht, und dem Angeklagten selbst eine solche wegen Anstiftung zu einer Straftat. Noch doller wurde es, als der Iraker dann auch noch erzählte, dass er die Verhandlung beim Amtsgericht mit dem Handy aufgezeichnet hatte. Als er sein Smartphone aus der Tasche holte und damit begann, die Dateien abzuspielen, platzte dem Berufungsrichter vollends der Kragen. Er schickte den Angeklagten und seinen Verteidiger vor die Türe, der Anwalt werde hoffentlich die richtigen Worte finden.
Schon zuvor war klar: Die Berufung hatte keine Aussicht auf Erfolg. Die Zeugen kannten den Angeklagten vorher nicht. Sie waren zufällig in Oberhausen hinter ihm auf die A3 aufgefahren und sind ihm nur deshalb gefolgt, weil sie mehrere Beinahe-Unfälle beobachtet hatten. Der 43-Jährige hatte ständig die Spuren gewechselt und sei teilweise auch zwischen den Spuren gefahren. Mehrere Fahrer hätten abbremsen müssen, um nicht mit ihm zu kollidieren. Am Ende nahm der Mann die Berufung zurück, überzeugt war er allerdings noch immer nicht. Weil aber noch eine Anzeige wegen der Handy-Aufzeichnung im Gerichtssaal drohte, lenkte der Angeklagte ein. Die Aufnahme wurde noch im Saal im Beisein des Richters gelöscht, das Urteil des Amtsgerichts ist damit rechtskräftig.