Schuldnerberater im Kreis schlagen Alarm
Immer häufiger drohen der Verlust der Wohnung oder der Strom wird abgeschaltet.
Mettmann. Die Schuldnerberatung der Neanderdiakonie schlägt in ihrem Jahresbericht 2016 Alarm. Es sei ein Anstieg der Fälle zu verzeichnen, in denen aufgrund von Mietrückständen ein Verlust der Wohnung droht. Oder der Energieversorger kurz davor ist, wegen unbezahlter Rechnungen den Strom abzustellen. Verbunden ist das rote Warnlicht mit dem Hinweis, dass eigentlich die Fallmanager im Jobcenter diese existenziellen Probleme viel eher erkennen und dann zügig handeln müssten. Denn wer einmal in dem Teufelskreislauf drin ist — ohne Wohnung — keine Arbeit — ohne Arbeit — keine Wohnung, der sei nur noch schwer am Arbeitsmarkt vermittelbar.
Heinrich Beyll, Caritas
Auf Nachfrage im Jobcenter heißt es aus der dortigen Geschäftsleitung, eigentlich seien die Sachbearbeiter für diese Fragen sensibilisiert. Doch fatalerweise halte die Kundschaft mit solchen Problemen oft und zu lange hinterm Berg.
Caritas und Diakonie teilen sich die Schuldnerberatung in Mettmann. Zusammengerechnet kümmerten sich die beiden Schuldenberater um 184 Menschen, denen die Schulden über den Kopf gewachsen waren. 47 Mal wurde als letzte Möglichkeit eine Verbraucherinsolvenz eingeleitet. Dem voran gingen langwierige Verhandlungen mit den Gläubigern. Manchmal dauert es Monate, um ein Schuldengespinst zu entwirren. Die Neanderdiakonie berichtet von einem Schuldner mit 72 Forderungen. „Der Verlust des Arbeitsplatzes und eine Trennung vom Lebenspartner sind die häufigsten Gründe für eine Überschuldung“, analysiert Heinrich Beyll von der Caritas die Lebensläufe hinter der nackten Statistik.
Dass sich die Fallzahlen gegenüber dem Vorjahr kaum verändert hätten, dürften Politik und Öffentlichkeit in Mettmann nicht als Beruhigung hernehmen. „Wir bei der Schuldnerberatung der Caritas arbeiten unverändert am Anschlag. Beyll empfiehlt einen Blick auf die Warteliste. „Wer bei uns jetzt nach einem Termin fragt, kommt in vier, fünf Monaten dran - also wahrscheinlich nach Ostern 2018.“
Bei der Schuldnerberaterin der Diakonie, Charlotte Pleß, sind die Wartezeiten ähnlich. „Wir schauen allerdings ad hoc, ob eben bereits die Wohnung in Gefahr ist oder eine Stromsperre droht“, erläutert Regionalleiterin Irmgard von der Heiden-Alfing. Solche wirklich dringenden Vorgänge würden vorgezogen, die eigentliche Arbeit mit den Gläubigern beginne dann ebenfalls erst mit einer Verzögerung von bis zu vier Monaten.
Sowohl Caritas als auch die Diakonie empfinden die zusätzlich für 2017 bewilligten Mittel von insgesamt rund 2000 Euro für die Vorbeugung und Aufklärung über Schulden in den Schulen als Tropfen auf den heißen Stein. „Das ist besser als nichts, aber bei weitem nicht genug“, urteilt Heiden-Alfing. Ähnlich berichtet es Beyll für den Bereich der Caritas. Die Vorsitzende des Mettmanner Sozialausschusses, Ute Stöcker, erinnerte daran, dass die Mittel für die Schuldnerberater aus Sicht der Stadt Mettmann eine freiwillige Zahlung seien. „Ich bin nicht dafür, diese Zuwendungen zurückzufahren.“ Aber im Rahmen der Haushaltsberatungen müsse eben über die Aufteilung aller freiwilligen Mittel neu entschieden werden. Auch über die der Schuldnerberatung.