Stadthalle: Die Geister, die ich rief

Überrascht gab sich die Stadt Mettmann nachdem das Landesamt die Stadthalle für schutzwürdig erklärt hat. Nun stellt sich heraus: Die Verwaltung selbst hat das Amt um eine Prüfung gebeten.

Foto: Stadtarchiv

Mettmann. Vor Tagen war zu hören, dass man bei der Stadt überrascht worden ist vom Interesse des Landesamtes für Denkmalpflege ian der Neandertalhalle. Nun kommen Details ans Licht. Die Untere Denkmalbehörde der Stadt Mettmann soll sich bereits im Februar schriftlich an die Denkmalschützer in Pulheim gewendet hat. Der Auftrag lautete: die Denkmalwürdigkeit des Gebäudes zu prüfen. Das hat die LVR-Gutachterin Elke Janßen-Schnabel bestätigt, die jetzt eine Expertise abgeliefert hat, in der die Unterschutzstellung als Baudenkmal empfohlen wird.

Die Anfrage der Stadt in Pulheim ist etliche Wochen vor dem März-Termin zur gemeinsamen Oberstadtbesichtigung erfolgt, von dem es bislang hieß, dass beim Vorbeispazieren an der Neandertalhalle der Blick der Gutachterin eher zufällig am Gebäude hängen geblieben sei — mit den Folgen der Unterschutzstellung. Mittlerweile ist klar, dass ein gemeinsamer Termin zur Besichtigung der Stadthalle noch am gleichen Nachmittag stattgefunden hat.

Wie kann eine städtische Behörde inmitten einer politischen Debatte eine Anfrage zur Prüfung des Denkmalschutzes an das Landesamt verschicken, ohne die Fraktionen zu informieren? Dafür hat Bürgermeister Thomas Dinkelmann eine Erklärung: „Da ein möglicher Abriss diskutiert wurde, müssen derartige Dinge routinemäßig abgefragt werden.“ Er stellt sich damit an die Seite seiner Behörde — auch auf die Gefahr hin, dass er sich fragen lassen muss, ob die Brisanz einer solchen Routineanfrage unterschätzt wurde.

Offenbar hat niemand ernsthaft damit gerechnet, dass ein 40 Jahre altes Gebäude einen Denkmalcharakter haben könnte. Dazu sagt Elke Janßen-Schnabel vom LVR-Amt für Denkmalpflege: „Das Denkmalschutzgesetz in NRW kennt für die Bewertung einer baulichen Anlage als Denkmal keine zeitliche Grenze. Die Zeitspanne eines Generationenwechsels ist ratsam.“

Denkbar wäre im Grunde auch ein weiteres Szenario: Wurde die Anfrage der städtischen Denkmalbehörde womöglich „von Außen“ beschleunigt, um Fakten zu schaffen? Grundsätzlich kann sich jeder Bürger mit einem solchen Anliegen an die städtische Denkmalbehörde wenden. Und Thomas Dinkelmann hat sich vor seinem Amtsantritt mit seinem Engagement für den Denkmalschutz nicht nur Freunde gemacht. Ein Abriss trotz Denkmalschutzes könnte man ihm in Anbetracht seines früheren Engagements als Haltungslosigkeit auslegen.

Eine teure Erhaltung der Stadthalle mit einer damit verbundenen Streichliste städtischer Ausgaben dürfte ebenso wenig für Begeisterungsstürme sorgen. Dem Landesamt für Denkmalpflege hat man mit dem jahrzehntelangen Sanierungsstau eine Steilvorlage dafür geliefert, die Stadthalle nun auch aufgrund des erhaltenen Original-Inventars unter Denkmalschutz zu stellen. „Nach der Eintragung in die Denkmalschutzliste wird bei jeder anstehenden Maßnahme im Einzelfall geprüft, welche Bauteile und originalen Ausstattungsteile wie erhalten werden können“, skizziert die LVR-Gutachterin den Ablauf anstehender Sanierungen.

Aus Pulheim heißt es zum laufenden Verfahren: Mit dem Gutachten habe man nur eine Empfehlung abgegeben, über die nun die städtische Denkmalbehörde entscheiden müsse. So viel Entscheidungsspielraum sieht der städtische Fachbereichsleiter Kurt-Werner Geschorec hingegen nicht: „Das Gesetz regelt klar, dass die Stadthalle nach einer solchem Empfehlung des LVR-Amtes in die Denkmalliste einzutragen ist. Wir könnten das Gutachten anfechten — die Chancen, damit Erfolg zu haben, sind jedoch extrem gering.“ Eine Klage gegen die Eintragung in die Denkmalliste schließt wiederum Bürgermeister Dinkelmann aus: „Dann müsste das städtische Gebäudemanagement gegen die städtische Denkmalbehörde klagen. Ein solches Szenario kann ich mir nicht vorstellen.“

Plädiert die Stadt nach der erfolgten Eintragung der Stadthalle in die Denkmalliste für einen Abriss, wäre sie in der Beweislast, diesen aufwendig zu begründen. „Die Stadt Mettmann muss darlegen, dass eine sinnvolle Nutzung des Gebäudes oder eine Instandsetzung auf der Grundlage einer Wirtschaftlichkeitsberechnung der Kommune nicht zumutbar wäre“, so Gutachterin Elke Janßen-Schnabel. Dann käme es zu einem Dissens zwischen Stadt und dem LVR-Amt für Denkmalpflege.

Für diesen Fall behalte sich das Landesamt für Denkmalpflege vor, das Ministerium als Oberste Denkmalbehörde einzuschalten. Dass dort eine Entscheidung getroffen wird, hält auch Fachbereichsleiter Kurt-Werner Geschorec für die wahrscheinlichste Variante. Es sei denn, das LVR-Amt stimmt einem Abriss zu und verzichtet auf den Weg ins Ministerium. Dafür gäbe es ein aktuelles Beispiel: In Velbert hat sich die Stadt gerade erfolgreich gegen den Denkmalschutz für die Stadthalle Neviges gewehrt. Das LVR-Amt hat auf die Einschaltung des Ministeriums verzichtet, die Stadthalle darf abgerissen werden. Das Verfahren dauerte drei Jahre.