Mehr als 3000 Unterschriften von Mettmannern für das Bürgerbegehren zum Erhalt der Carl-Fuhlrott-Realschule sind Ihnen am Freitag übergeben worden. Haben Politik und Verwaltung den Rückhalt für die Realschule in der Bevölkerung unterschätzt?
NRW „Thema Schule ist immer emotional“
Mettmann · 3464 Unterschriften für den Erhalt der Carl-Fuhlrott-Realschule passen in einen prall gefüllten Aktenordner. Den nahm Bürgermeisterin Sandra Pietschmann am Freitag entgegen. Schuldezenernent Marko Sucic und Ordnungsamtleiterin Andrea Kotthaus begleiteten die Übergabe, zu aus Corona-Gründen nur eine Abordnung von fünf Personen der Bürgerinitiative im Rathaus Einlass fand.
Für die Initiatoren des Bürgerbeghrens erinnerte Helmut Peick an den Artikel 10 der NRW-Landesverfassung. Demnach gewährleistet das Land ein vielfältiges öffentliches Schulwesen. Deshalb muss die Realschule nach Meinung von mehr als elf Prozent der wahlberechtigten Mettmanner bleiben. Das Bürgerbegehren liegt mit der Zahl der unter Corona-Bedingungen gesammelten Unterschriften um rund 60 Prozent über dem Mindestquorum von 2181 Stimmen.
In dem Dialog zur Unterschriftenübergabe wies die Vorsitzende der Schulpflegschaft der Realschule, Kirsten Bille, dass sich bereits jetzt gute Realschullehrer nach anderen Stellen an anderen Realschulen der Region umsähen. Diese Fluchtbewegung müsse gestoppt werden.
Im Dialog mit Bürgermeisterin und Schuldezernent trugen die Realschulbefürworter erneut vor, dass Eltern in Mettmann auch weiterhin die Wahl haben müssten, ob sie ihr Kind in eine Realschule oder die Gesamtschule scjhicken, ob dies mit einer Ganztagsbetreuung oder einem Halbtags-Modell verbunden sein soll. Erneut wurden auch die unterschiedlichen Sichtweise auf die Kostenrechnung der Stadt thematisiert. Bürgermeisterin Sandra Pietschmann betonte, die darin enthaltenen Zahlen seien korrekt; die Bürgerinitiative sagt, Schulcontainer seien doppelt gezählt worden und würden sechs Züge Gesamtschule gegenübergestellt zu einer vierzügigen Gesamtschule plus vierzügigen Realschule. Am Ende versprachen Pietschmann, dass nun ro rasch wie möglich ausgezählt werden würde.
Über die weiteren Schritte im Bürgerbegheren sprechen Bürgermeisterin Sandra Pietschmann und Schuldezernent Marko Sucic:
Sandra Pietschmann: Das denke ich nicht. Denn grundsätzlich ist das Thema Schule immer ein sehr emotionales. Ich bin beeindruckt von dem Engagement der Bürgerinitiative. Die Verwaltung begleitet dieses Bürgerbegehren genauso wie die Umsetzung des rechtskräftigen Ratsbeschlusses zur Gründung einer Gesamtschule.
Wie geht es jetzt weiter?
Marco Sucic: Zunächst müssen wir prüfen, ob alle Unterschriften den Anforderungen genügen. Beteiligen durften sich Mettmanner Bürger, die auch zur Kommunalwahl zugelassen sind. Die Adressen müssen leserlich sein. Damit das Bürgerbüro diese Prüfung sorgfältig und zügig erledigen kann, nutzen wir dafür eine spezielle Software. Wie lange diese Prüfung dauern wird, kann ich vorab nicht sagen. Dann werden wir das Ergebnis im Rat vortragen – entweder am 29. Juni oder in einer späteren Sondersitzung. Gesetzt den Fall, es sind die erforderlichen 2181 Unterschriften zusammengekommen, hat der Rat die Möglichkeit, seine bisherige Entscheidung zum Start einer Gesamtschule bei gleichzeitigem Auslaufen der Realschule zu korrigieren. Bleibt der Rat bei seinem Beschluss, bleibt abzuwarten, wie die Bürgerinitiative Erhalt der Realschule reagiert.
Kommt es zu einem Bürgerentscheid, sieht dieser wie aus?
Sucic: Dabei handelt es sich um eine Abstimmung mit Stimmzetteln, die an einem Stichtag in dafür vorgesehenen Wahllokalen in Wahlurnen geworfen und anschließend ausgezählt werden müssen.
Klingt so, als könne man das im Rahmen der Bundestagswahl miterledigen…
Sucic: Das kann man jetzt noch nicht sagen. Aus meiner Sicht spricht dagegen, dass für die Bundestagswahl und für ein Bürgerbegehren in Mettmann nicht dieselben Bürger wahlberechtigt sind. Dies gleichzeitig zur Bundestagswahl abzuwickeln, würde zumindest eine recht große Fehleranfälligkeit bedeuten: zwei Wählerlisten, zwei Stimmzettel, zwei Kontrolldurchläufe im Wahlbetrieb usw.
Noch weiß niemand, wie letztlich die Entscheidung ausfällt. Gesetzt den Fall, die Realschule bliebe bestehen – was würde dies für die Mettmanner Schullandschaft bedeuten?
Sucic: Aus meiner Sicht kann ich nur darauf verweisen, dass in diesem Fall auch die Bezirksregierung viele Entscheidungen anpassen müsste. Bis hinein in die Personalplanung der Lehrer. Das Auslaufen der Realschule ist Teil der Genehmigungsverfügung der Bezirksregierung für die Gesamtschule.
Pietschmann: Für Mettmann haben wir ja in den Fragen und Antworten zum Bürgerbegehren und in der Kostenrechnung der Szenarien herausgearbeitet, dass ein Nebeneinander von vierzügiger Realschule und vierzügiger Gesamtschule die teuerste Lösung für die Stadt wäre. Und wir müssten alternative Standorte für die Gesamtschule suchen, weil diese ja eigentlich in den Räumen der Realschule anwachsen soll. Die Entscheidung für die Gesamtschule wurde im Rat nach langer Diskussion und einer schulrechtlich vorgegebenen Befragung der Eltern der Dritt- und Viertklässler getroffen. Das Ergebnis für die Gründung einer Gesamtschule war eindeutig und wurde bei der tatsächlichen Schulanmeldung noch einmal sehr deutlich bestätigt. Für mich ist dies ein klares Zeichen, dass junge Familien heute Anforderungen und Erwartungen an Schule haben, die von der Gesamtschule erfüllt werden können.
Müssen sich die Eltern derjenigen 145 Mädchen und Jungen Sorgen machen, die im Herbst an der neuen Gesamtschule beginnen sollen? Start sie in einem Durcheinander?
Pietschmann: Ganz klar: Nein. Ich war erst vor kurzem selbst in der ehemaligen Anne-Frank-Hauptschule und habe mich umgeschaut. Alle Arbeiten sind im Plan. Bau- und Schulexperten arbeiten mit hohem Engagement zusammen, damit die neuen Gesamtschüler nach den Ferien in gut hergerichteten Klassenräumen starten können. Da muss sich niemand Sorgen machen.
Und im nächsten Schulausschuss am 27. Mai werden wir über eine Aufstockung der Gesamtschule auf sechs Züge sprechen. Denn die Anmeldezahlen waren deutlich höher als erwartet und der Schulentwicklungsplan sagt voraus, dass die Schülerzahlen für die kommenden Jahre weiter
steigen.
Bleiben die Realschüler auf der Strecke – wie vielfach im Rahmen des Bürgerbegehrens befürchtet?
Pietschmann: Auch das wird nicht passieren. Ich kann die Zusage aller Verantwortlichen an die Realschulschulfamilien weitergeben, dass die SchülerInnen bis zu ihrem Schulabschluss intensiv begleitet und durch die Bezirksregierung mit gutem Unterricht versorgt werden.