Mode für den Einkaufswagen

Beim Einkauf im Outletcenter von Esprit in Ratingen zählt das Ergebnis, nicht das Erlebnis.

Ratingen. Esprit zieht an: Köln, Düren, Cochem an der Mosel, Westerwaldkreis, Borken, Dortmund, Aachen, Bonn, Wesel, Frankfurt, Münster, Neuss, Bochum. . . Die Autokennzeichen auf dem Parkplatz des Esprit-Outlet in Ratingens Gewerbegebiet Tiefenbroich zeigen, dass der Fabrikverkauf des Modekonzerns weithin bekannt ist und sich auch längere Anfahrtswege zu lohnen scheinen.

Die Drängelgitter vor dem Eingang braucht es am Mittwochvormittag nicht — Ferienzeit. Auch der Hinweis an der Tür, dass bei zu starkem Andrang zeitweise geschlossen wird, findet kaum Beachtung. An den 14 Kassen haben sich nur kleine Schlangen gebildet. In den Gängen zwischen den Kleiderständern nimmt das Gedränge aber von Minute zu Minute zu.

Eingekauft wird mit Wagen wie im Supermarkt. Die Profi-Shopper schlängeln sich damit zielstrebig durch die Gänge, arbeiten zügig die Bestellzettel von Freunden und Verwandten ab und haben ihren Gitterwagen schnell bis über den Rand gefüllt. Im Zweifel wird kurz telefoniert: „Die Kapuzenjacke gibt’s nur noch in Grau — geht das auch?“

Eine Mittvierzigerin klappert Kleiderbügel mit T-Shirts ab, als würde sie Karteikarten durchblättern. Ein kurzes Kopfschütteln, dann geht sie zu den nächsten Ständern. Die bestehen aus dicken Stahlrohren, verschraubt wie ein Baugerüst. Vor den großen Spiegeln an den Stirnseiten versuchen die Käufer, einen Blick auf sich zu erhaschen.

„Kannste vergessen, dat sieht nich aus“, kommentiert ein stämmiger, junger Mann im breiten Ruhrpott-Slang die Bemühungen seiner Begleitung, sich in eine deutlich zu knappe Designerjeans zu pressen. Nebenan kichern und lachen Katrin, Lena und Inka, während sie sich gegenseitig T-Shirts und Tops anhalten.

Die drei jungen Frauen sind am Morgen aus Island in Düsseldorf gelandet, ihr Anschlussflug nach Nürnberg geht am Abend. „Mein Cousin hat uns draufgebracht, hierher zu kommen“, erzählt Katrin (20).

Vor den Umkleidekabinen — der Vorhang wirkt wie eine Lkw-Plane — knubbeln sich die Wartenden. Buggys mit quengelnden Kleinkindern werden an die Seite geschoben, die Kleinen mit Trinkflaschen und Keksen ruhiggestellt. „Wenn de jetzt kei’ Ruh gibsch, kommsch ins Audo“, fährt eine genervte Mutter in bestem Hessisch ihren nörgelnden Blondschopf an.

Manche Käufer wollen nicht mehr warten, bis eine Kabine frei wird, und ziehen sich ungeniert direkt am Kleiderständer um — kaum beachtet. Menschen in Unterwäsche sind hier normal.

Auch die ganz in Schwarz gekleideten Sicherheitsleute, die durch die Gängen schlendern, verziehen keine Miene. „Bitte keine Bügel oder Ware in den Umkleiden lassen. Bitte keine Ware auf den Boden legen. Vielen Dank“, mahnt eine Lautsprecherdurchsage.

„Das ist schon supergünstig. Nur 43 Euro die Jeans, bitte“ versucht ein blonder Teenager seine Mutter zu überreden, noch ein Teil in den schon sehr gut gefüllten Wagen legen zu dürfen.

Das Betteln hat Erfolg, die Mutter verdreht die Augen und gibt nach. Männer sind an den Regalen und Kleiderständern in der Unterzahl, dort wuseln fast nur Frauen und Mädchen. Die Herren stehen meist etwas abseits, breitbeinig, die Arme verschränkt. Mit gelangweiltem Blick passen sie auf die vollen Tüten und Taschen zu ihren Füßen auf.

Hinterm Kassenbereich warten größere Kinder auf einer roten Plastikbank, dass ihre Eltern wieder aus dem Dickicht der Kleiderständer auftauchen. Bis dahin daddeln sie mit dem Nintendo. Nach dem Einkaufsstress wartet draußen der Eismann.