Bürgerhaus ist wieder geöffnet
Fortuna-Promi Andreas Lambertz nahm den ersten Fassanstich im Traditionslokal vor.
Ratingen. Für Ulrich Amedick, den Vertriebsleiter der Privatbrauerei Frankenheim, war es finanziell der ganz „große Schluck aus der Pulle“. Doch die Investition im hohen sechsstelligen Bereich hat sich gelohnt.
Das alte Bürgerhaus erstrahlt nun in neuem Glanz, es wirkt aufgeräumt und vor allem heller und moderner. Amedick sagt, dass sich das Konsumverhalten geändert habe. Ja, es ist Platz für rheinische Gastlichkeit, aber auch für einen jungen Lebensstil. Im Zentrum steht die gut ausgeleuchtete Stichfass-Theke unter einer Sudpfanne, auf einer Seite mit einem integrierten gläsernen Fasskühlhaus — dies als optischer Höhepunkt des Lokals.
Das Bürgerhaus gliedert sich in einen thekennahen Stammtischbereich, einen Bereich für flexibles Sitzen mit mobiler Möblierung für eine wandlungsfähige Raumgestaltung. Zudem gibt es eine Bierlounge. Links von der zentralen Theke liegt — getrennt durch einen breiten Flur — die Küche. Dort wird täglich vor allem gut bürgerlich gekocht.
In der ersten Etage ist viel Platz für größere Brauchtumsveranstaltungen, man kann dort Fußball schauen, Hochzeiten feiern und andere Ereignisse. „Wir sind froh, dass die Arbeiten endlich abgeschlossen sind“, erzählt Amedick, „im Grunde war im Innern des Hauses alles kaputt.“
Das Objekt am Marktplatz, das der Stadt gehört, zählt zu den wichtigsten großen Lokalen der Brauerei, die in der Region sehr stark vertreten ist. Wegen aufwendiger Sanierungsarbeiten — vom Abwassersystem unter der Bodenplatte bis zu Maßnahmen unterm Dach — dauerte der Umbau ein halbes Jahr. Am 31. März war das Traditionshaus geschlossen worden, immer wieder musste die Neueröffnung verschoben werden.
Am Mittwochabend gab es den inoffiziellen Start mit Fortuna-Profi Andreas Lambertz, der frisch vom Training kam und dem das Bierzapfen locker von der Hand ging. Auch Vertreter der Politik schauten sich die neuen Räumlichkeiten an.
Die Geschichte rund um das Gebäude ist ereignisreich: Das Bürgerhaus wurde bereits um 1300 als „Haus der Räte“ (Domus Consilium) im Codex Ratingensis erwähnt. Auf einer Zeichnung aus dem Jahre 1715 ist das Rathaus zu sehen. Die rechte Hälfte des Gebäudes hatte einen turmartigen Anbau mit eigenem Dach und vorspringenden Erkern. Außerdem hatte das Bürgerhaus einen laubenartigen Vorbau. Das offene Erdgeschoss diente als Verkaufshalle für den Markt. Die Stadtwaage, auf der alle Waren von größerem Gewicht gewogen werden mussten, stand in der Halle.
Der linke Teil des Erdgeschosses war durch Holzverschläge abgetrennt und war eine Wachstube. Von der Oberstraße aus gelangte man über eine zweite Treppe in das Obergeschoss des Bürgerhauses. Dort befanden sich zwei Ratsstuben mit je einem Nebenraum. Ein Nebenzimmer diente als Verhörzimmer für das Stadtgericht.
Eine Zäsur gab es im Jahr 1751: Damals erhielt das Bürgerhaus seine jetzige Form. Das Gebäude bekam die geschweiften Giebel und eine neue Dachkonstruktion, der gotische, turmartige Vorbau wurde abgerissen, Fenster und Türen in der Vorderfront sind ebenfalls aus dieser Zeit.
Ein Ankersplint mit der Jahreszahl 1751 am Südgiebel erinnert an diesen großen Umbau. Bruchsteinverkleidung und die Brüstungsmauer mit dem Ausgang entstanden erst im 20. Jahrhundert. Im 19. und 20. Jahrhundert waren im Bürgerhaus das Amtsgericht, dann das Heimatmuseum und die Stadtbücherei untergebracht.
Das Bürgerhaus war im Stadtzentrum also immer auch eine Art Treffpunkt — und der lebt jetzt wieder auf, auch mit großer Terrasse.