NRW Pandemie reißt Loch in die Kasse
Ratingen · Der Unternehmensverband Ratingen (UVR) mahnt weitere Hilfen von Bund und Land an. Kämmerer Martin Gentzsch geht bei der Gewerbesteuer von einem Planwert von 95 Millionen Euro aus. Botschaft: Man muss Prioritäten setzen.
Die Pandemie sorgt für große Probleme – auch finanzieller Art. Niemand weiß dies besser als Kämmerer Martin Gentzsch. Wie berichtet, geht die Stadt mit einem Gewerbesteuer-Planwert von 95 Millionen Euro in dieses Haushaltsjahr. Damit liegt man 15 Millionen Euro unter dem Planwert, den man in der mittelfristigen Finanzplanung für 2021 angenommen hatte (Stand Dezember 2019, also noch vor der Pandemie). „Zum jetzigen Zeitpunkt habe ich keine Erkenntnisse, dass wir diesen Planwert von 95 Millionen Euro nicht erreichen können“, urteilte Gentzsch.
Insbesondere aufgrund der coronabedingten prognostizierten steuerlichen Mindereinnahmen im Jahr 2021 (nicht nur bei der Gewerbesteuer, sondern auch bei Anteilen der Einkommen- und Umsatzsteuer) musste im Haushaltsplan 2021 ein echter Fehlbetrag von mehr als 20 Millionen Euro eingeplant werden. Da die Kommunen die pandemiebedingt prognostizierten Mindereinnahmen übergangsweise ausblenden dürfen und in Höhe dieser Mindereinnahmen einen rein fiktiven außerordentlichen Sonderertrag buchen müssen, wird in der Haushaltssatzung ein rein fiktiver Jahresüberschuss 2021 von rund zwei Millionen Euro ausgewiesen.
Diese Sonderregelung wurde getroffen, damit die Kommunen nicht sofort erhebliche Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung einleiten müssen. „Aus derzeitiger Sicht werden die Schulden steigen, sodass Kommunen dringend auf weitere echte Finanzzuschüsse von Bund und Land angewiesen sind“, meint Gentzsch. Im Jahr 2020 sei dies erfolgt. Damit konnte die Stadt Ratingen im Jahr 2020 die coronabedingten Verschlechterungen kompensieren. Während Bund und Land für das Jahr 2020 einen pauschalen Ausgleich für geringere Gewerbesteuereinnahmen an die Kommunen geleistet haben, steht eine solche Regelung für das Jahr 2021 noch aus. Der Unternehmensverband Ratingen (UVR) sieht Bund und Land auch für 2021 in der Pflicht, die Kommunen zu unterstützen.
Kämmerer Gentzsch betonte: „Ich habe die Information erhalten, dass Bund und Länder die finanzielle Entwicklung der Kommunen beobachten und auf dieser Basis entscheiden wollen.“
Angesichts der Dramatik der Veränderungen gilt es laut UVR, Prioritäten bei den zukünftigen Ausgaben zu setzen – und zwar die richtigen. Wie Bürgermeister Klaus Pesch in seiner Einbringungsrede zum Haushalt 2021 sagte: „Wir müssen neu denken“.
Das betrifft aus Sicht der Wirtschaft zum einen den Bereich der Personalkosten. Denn diese sind einer der wenigen Ausgabeposten, auf die die Stadt selbst großen Einfluss hat. Seit vielen Jahren drängt der UVR darauf, insbesondere durch die Digitalisierung städtischer Dienstleistungen Personal einzusparen.
Digitale Dienstleistungen ersparen Fahrten und Fahrtzeiten
Die Pandemie habe gezeigt, wie wichtig die Digitalisierung der städtischen Dienstleistungen ist – sowohl unter Kostengesichtspunkten als auch vor dem Hintergrund des weiteren Funktionierens der Verwaltung in dieser besonderen Situation. Daher müsse die Digitalisierung weiter vorangetrieben werden. Hinzu kommt, dass durch die Digitalisierung auch der Klimaschutz verbessert werde, so der UVR. Digitale Dienstleistungen ersparten Fahrten und Fahrtzeiten, sei es für die Bürger, um zu der Behörde zu kommen, sei es für die städtischen Mitarbeiter, die von zu Hause arbeiten können und nicht in die Verwaltung fahren müssen, so der Unternehmensverband.
Der UVR hat den Vorschlag der Verwaltung unterstützt, das Investitionsprogramm für die kommenden Jahre an das tatsächlich im Hinblick auf die Personalkapazitäten Machbare anzupassen. Es sei sinnvoll und ehrlich, die investiven Planungen so zu gestalten, dass sie realistisch abgearbeitet werden können.
Auch wenn durch die Digitalisierung und die Arbeit von zu Hause nicht unerhebliche Arbeitswege entfallen können, wird dennoch die Zahl der Einpendler nach Ratingen hoch bleiben. Viele insbesondere gewerbliche Tätigkeiten lassen sich nur am Arbeitsplatz vor Ort erledigen. Daher gilt auch weiterhin die Forderung des UVR, möglichst aus Einpendlern Einwohner zu machen.
Wegen des auch auf längere Sicht hohen Preisniveaus sowohl im Wohn- als auch im Gewerbebereich ist aus Sicht des UVR zur Erreichung dieses Ziels ein strategischer Grunderwerb durch die Stadt, wie er auch in diesem Jahr vorgesehen ist, eine sinnvolle Ergänzung. Insgesamt müsse man mit Blick auf den Haushalt weiter an einer Konsolidierung arbeiten. Also: Prioritäten setzen. Und so sehen es auch der Bürgermeister und der Kämmerer.