Casting am Stadttheater: Monologe im Minutentakt
Für sein Stück „Pettersson und Findus“ hat Regisseur Ralph Reiniger am Mittwoch die Besetzung gesucht. Einige Bewerber kamen von weit her.
Ratingen. Die Hände mit den lackierten Nägeln ballt sie immer wieder zu Fäusten. Auf dem Sitz im Foyer des Ratinger Stadttheaters rutscht sie hin und her. Die Mundwickel zucken — ein Zeichen von Nervosität vor dem Casting.
Dabei kennt Lisa Parise das Geschäft, hat schon einige solcher Schauläufe unter Schauspielern mitgemacht. „Aber ein wenig Anspannung ist immer mit im Spiel. Ich weiß ja nicht, was einen hier hinter der Tür im Theaterraum erwartet“, sagt die 25-Jährige.
Sie weiß nur, dass sie zwei Monologe aufführen und ein Lied singen muss. Wer sie im Theater erwartet, ob es viele Menschen sind, die sie beurteilen oder eher wenige, weiß sie nicht.
Das erfährt Parise erst nach einer halben Stunde, die sie im Foyer gewartet hat. Sie wird aufgerufen. Sie geht in den Theatersaal. Von den 600 Sitzplätzen sind nur zwei belegt. Auf ihnen sitzen Regisseur Ralph Reiniger und seine Assistentin.
Reiniger hat am Mittwoch 50 Schauspieler zum Casting ins Theater eingeladen, um die optimale Besetzung für sein neues Stück „Pettersson und Findus“, das ab Pfingstsonntag bis zum 16. September auf der Naturbühne am Blauen See aufgeführt wird, zu finden.
Morgens um 11.30 Uhr zeigte die erste Darstellerin, was sie kann. Ihr Name: Susann Pätzold. Aus Halle an der Saale war sie angereist, um eine Rolle in Ratingen zu bekommen. Und auch Lisa Parise hat 300 Kilometer in Kauf genommen, um beim Casting mit dabei zu sein. „Ich wohne in Mainz. Aber das ist in der Schauspielerei so, dass man eben auf Tour gehen muss, um dann mal eine Rolle zu bekommen.“
Ob sie Pettersson, Findus oder eine andere Figur darstellen will, darauf hat sich die 25-Jährige nicht festgelegt. „Grundsätzlich muss ein Schauspieler in der Lage sein, alles zu spielen. Aber es ist schon naheliegend, dass ich, wenn sie sich für mich entscheiden sollten, nicht unbedingt die Rolle des Pettersson spiele.“
Regisseur Reiniger will nicht viel von der jungen Schauspielerin wissen: nur ihren Namen und was sie vortragen wird. Dann soll sie auch schon spielen. Nach wenigen Minuten, in denen Parise ihre Utensilien zurechtgelegt hat, legt sie los mit ihrer darstellenden Kunst. Sie zeigt ihr Repertoire: lacht, schaut mal dumm, mal grimmig oder blasiert, während sie ihre Monologe vorträgt.
Und zwischendurch bricht Reiniger sie immer wieder ab. „Ich hab genug gesehen, das reicht, das nächste Stück bitte“, fordert er die 25-Jährige auf. Sie folgt der Anweisung. Viel Zeit bleibt nicht. Zum Abschluss singt sie noch ein Lied aus dem Disney-Film „Arielle, die Meerjungfrau“.
Dann flachst Reiniger mit ihr noch ein wenig rum, fragt sie, aus welcher Stadt sie kommt, ob sie Karneval mag und wo sie noch weitere Castings hat. Dann entlässt er die Künstlerin, die die Bühne verlässt und zurück ins Foyer geht, um ihre Sachen wieder zu packen.
„Das war okay, aber ich bin nicht so zufrieden mit mir. Die Stimme hat am Ende versagt. Da hab ich dann doch noch meine Erkältung gespürt, die ich vor einer Woche hatte. Aber mal schauen, vielleicht klappt es ja.“ Dann verlässt sie das Theater in Richtung Bahnhof.