Fahrstunde im 35-Tonner

Die 19-jährige Sarah Lorenz macht als erste Frau in Ratingen einen Ausbildung zur Berufskraftfahrerin.

Ratingen. Sarah Lorenz steht vor dem großen Unimog und strahlt mit der Sonne um die Wette. Die 19-Jährige ist Ratingens erste Azubildende zur Berufskraftfahrerin — ihr Traumjob.

„Mein Vater ist Lkw-Fahrer, ich hatte schon immer eine Vorliebe für Motoren. Im Rahmen des Girls’ Days habe ich mich über die Ausbildung informiert und dann stand schnell fest: Das will ich machen.“

Familie und Freunde stehen hinter ihr. „Mein Vater freut sich natürlich, dass seine Tochter das gleiche macht, wie er. Und meine Freunde finden meine Berufskleidung witzig“, sagt Lorenz und lacht. „Frisörin zu lernen oder einen anderen typischen Mädchenberuf, war nie ein Thema. Das hätte auch nicht zu mir gepasst.“

Die männlichen Kollegen haben sie von vornherein akzeptiert. „Die schauten am Anfang schon: Packt die das? Aber als sie dann merkten, dass ich die Kraft habe, die ich für den Job brauche, und mich nicht drücke, gingen die auch ganz normal mit mir um“,sagt die Auszubildende.

Das bestätigt auch Marcus Lomberg von der Einsatzleitung: „Die Sarah ist ja nicht die einzige Frau — wir haben auch eine Schreinerin, eine Baggerfahrerin und eine Kanalreinigerin. Das sind auch nicht gerade typische Frauenberufe. Man sollte meinen, bei 120 Kerlen im Betrieb, wo der Umgang auch etwas rauher ist, könnte das Probleme geben, aber das ist gar nicht so. Fehlende Akzeptanz war da irgendwie nie ein Thema.“

Jetzt ist auch Sarah Lorenz dabei. Sie hat sich gegen zwölf andere Bewerber durchgesetzt, darunter waren drei Frauen. Nötig wurde der neue Ausbildungsberuf, weil durch neue EU-Richtlinien nur noch ausgebildete Berufskraftfahrer geschäftlich Lkw fahren dürfen, ein simpler Führerschein der Klasse 2 reicht nicht mehr aus.

Sarah Lorenz wird in den nächsten drei Jahren alles lernen, was ein Berufskraftfahrer wissen muss. Angefangen bei der Technik, über Ladungssicherung bis hin zu den rechtlichen Rahmenbedingungen wie beispielsweise Lenkzeiten. Sechs Monate wird sie alleine in einer Werkstatt verbringen. Zwar sind die Lkw von heute hochelektronische Geräte, aber die Technik, die dahinter steckt, ist immer noch die selbe.

Darüber hinaus gibt es auch Spezialschulungen für einzelne Fahrzeuge. Marcus Lomberg: „Viele der modernen Fahrzeuge kann man heute gar nicht mehr auf Anhieb fahren, da braucht es eine eigene Schulung. Im Unimog zum Beispiel steckt so viel Technik — da weiß der normale Führerscheinbesitzer vielleicht noch, wie er ihn vor und zurück fahren kann, dann ist auch schon Ende.“

Nach den drei Jahren ist Sarah Lorenz ausgebildete Berufskraftfahrerin und darf die bis zu 35 Tonnen schweren Einsatzfahrzeuge der Stadtwerke lenken — dann ist ihr Traum vollkommen in Erfüllung gegangen.