Flauschiger Champion

Am Wochenende trafen sich die Kaninchenzüchter des Vereins R 86 Hösel zur letzten Ausstellung im evangelischen Gemeindehaus.

Hösel. Das große weiße Angorakaninchen sitzt in seinem Käfig und schaut den Leuten zu, die an ihm vorbeiflanieren. Ziemlich gelassen für einen Champion. Das wuschelige Tier, das so aussieht, als käme es frisch aus der Geschichte „Alice im Wunderland“, hat nämlich bei der 57. Kaninchenschau im Evangelischen Gemeindezentrum in Hösel den ersten Platz gemacht. „Es wird nach Größe, Gewicht und Fellbeschaffenheit bewertet“, erklärt Walter Wassenberg, Geschäftsführer des Rasse-Kaninchenzüchtvereins R 86 Hösel. „Dazu gehören Körperform, Farbe und besondere Merkmale.“

Die Richter sehen die feinsten Unterschiede. Und so wurde das erst vier Monate alte Angorakaninchen mit 96,5 von 100 möglichen Punkten der Sieger dieses Jahres. Angesichts der Größe des Champions stellt sich aber die Frage: Ist das überhaupt noch ein Kaninchen? Denn mancher Feldhase würde kleiner wirken, wenn er daneben stünde. Auch hier weiß Walter Wassenberg Antwort: „Hasen und Kaninchen sind völlig unterschiedliche Tierarten. Kaninchen sind Nesthocker. Das heißt: Sie werden nackt geboren und öffnen erst nach einiger Zeit die Augen. Hasen hingegen sind Nestflüchter, sie werden mit Fell geboren und sind sofort in der Lage, sich selbstständig fortzubewegen. Hasen und Kaninchen können sich auch nicht miteinander paaren — die Chromosomenanzahl stimmt nicht überein.“

Man hört die Begeisterung und Leidenschaft, mit der Walter Wassenberg über sein Hobby spricht. Dabei war sein Einstieg in die Kaninchenzucht sehr wenig emotional: „Nach dem Krieg hatten viele Familie Haustiere — Hasen, Hühner — nicht, um mit ihnen zu kuscheln, sondern um den kargen Nachkriegstisch etwas aufzubessern. Und dann hatte ich mich so an die Tiere gewöhnt, dass ich dabei geblieben bin.“

Seit 57 Jahren richtet er jährlich die Kaninchenausstellung in Hösel aus, zu der rund 2000 Besucher kommen — und wird richtig wehmütig bei dem Gedanken. Denn aller Voraussicht nach war dies die letzte Ausstellung des Vereins. Die Gründe sind vielfältig. Walter Wassenberg: „Der Verein hat arge Nachwuchssorgen. Viele der langjährigen Mitglieder sind schon gestorben. Anfangs haben wir 140 Tiere ausgestellt — inzwischen sind es gerade noch 60. Und die Jugend interessiert sich nicht wirklich für die Kaninchenzucht.“ Es sei eben eine reine Liebhaberei, Geld verdienen ließe sich damit nicht. Deshalb sei die Zucht für viel uninteressant. Ein anderer Grund, warum es die Ausstellung im kommenden Jahr nicht mehr geben wird: „Der organisatorische und zeitliche Aufwand ist einfach zu hoch“, sagt Wassenberg.

Dass es keine Zuchtschau in Hösel mehr geben wird, macht auch den ein oder anderen Besucher traurig. Elke Weidenberg beispielsweise. Sie besucht die Ausstellung seit vielen Jahren. „Ich mag die Tiere einfach. Die sind so flauschig und niedlich, vor allem die mit den Schlappohren.“ Ihre Tochter Sonja hat im Streichelzoo ein Kaninchen auf den Arm genommen und sitzt mit dem Tier auf dem Schoß auf einem Stuhl, ganz versunken in den kuscheligen Moment. Elke Weidenberg: „Mal gucken — vielleicht schaffen wir jetzt tatsächlich selbst ein Tier an. Gerade für Stadtkinder ist sowas ja total wichtig.“ Vielleicht nehmen sie ja den Champion, der verkauft werden soll, mit. Der wartet immer auf einen neuen Besitzer — und einen Namen.