Franz-Rath-Kolleg muss kämpfen
Seit 60 Jahren schreibt das Franz-Rath-Kolleg Erfolgsgeschichte. Zum Jubiläum sinken die Schülerzahlen und die Finanzierung wankt.
Ratingen. Die Leiterin des Ratinger Kulturamts, Andrea Töpfer (52), hatte ihre „zweite Chance“ zur Fachoberschulreife zwischen 1981 und 1983: „Es war gut, dass ich das gemacht habe.“ Anke Kindler (22) und Pascal Sowislok (23) besuchen das Franz-Rath-Weiterbildungskolleg zurzeit und streben nach der Mittleren Reife. „Die Lehrer sind freundlicher, alles ist familiärer als an der Schule damals. Marah (22) und Ali (24) Jonbar, geflüchtet aus Syrien nach Deutschland, lernen seit Februar am Kolleg Deutsch. „Bitte sprechen Sie mit uns kein Englisch“, sagen sie und können sich in der für sie völlig neuen Sprache schon am Small T…, an den kleinen Gesprächen am Rand der Feierstunde beteiligen.
Georg Berendt, Schulleiter
Das Franz-Rath-Weiterbildungskolleg feierte am Freitag im Pfarrsaal von St. Peter und Paul seinen 60. Geburtstag. Auch wenn die durch Bund und Länder gesetzten Rahmenbedingungen dem Schulleiter Georg Berendt aktuell Kopfzerbrechen bereiten. Das Ratinger Kolleg in privater Trägerschaft und mit einer optimistischen Eule als Logo ist weithin einzigartig. Dort reparieren rund 180 Schüler und ein gutes Dutzend Pädagogen Lebensläufe.
Das Kolleg ist ein Möglichmacher für scheinbar Unmögliches. Es steht seit der Gründung im Jahr 1956 durch Pfarrer Franz Rath, damals zuständig für Peter und Paul und zugleich Diözesanpräses der Kolpingfamilie, für die Grundidee des Adolph Kolping: „Gebt jungen Menschen die Chance der Bildung, damit sie später Verantwortung für sich und die Gesellschaft übernehmen können.“
Begonnen hat es Mitte der 50er Jahre als „Heimschule Ratingen“. Erwachsene Männer, Handwerksgesellen zogen hier ein, um ihren Realschulabschluss zu machen. Tagsüber gingen sie arbeiten, abends lernten sie in der Schule, in der sie auch wohnten.
Seither gibt es alle zehn bis fünfzehn Jahre grundlegende Änderungen, denen sich der Schulbetrieb anpassen muss: Zum 1. Januar 1965 wurde man Abendrealschule, zum 1. August 1980 wurde die „Fachoberschule in Teilzeitform in den Typen „Technik“ sowie „Wirtschaft und Verwaltung“ eingeführt. Die Schule hieß nun „Abendschule Ratingen“. Zum Jahrtausendwechsel wurde daraus das „Franz-Rath-Weiterbildungskolleg“. Seit einigen Monaten lernen Flüchtlinge hier Deutsch. Respekt und Toleranz haben dem Franz-Rath-Weiterbildungskolleg im Jahr 2006 den Titel „Schule ohne Rassismus“ eingebracht.
Ehemalige Schüler bilden den Trägerverein — in dessen Namen sein Vorsitzender Heinz Poerschke sprach und unter anderem den Lehrern für ihren Einsatz dankte. Bürgermeister Klaus Pesch drückte seine Hochachtung aus vor den Verantwortlichen, die den Schulbetrieb trotz so manches Fingerhakelns immer hingekriegt hätten. Stefan Braun überbrachte die Grüße und besten Wünsche des Kölner Erzbistums, verpackt in die Erkenntnis: „Nix blief wie et wor!“
Aktuell sind die Bedingungen fürs Bafög vereinheitlicht worden. Das Berufskolleg kann deshalb erst Schüler ab 17 aufnehmen — nicht mehr, wie bisher, ab 16 Jahre. Zudem muss die Berufsfähigkeit nachgewiesen werden. Mit den dadurch sinkenden Schülerzahlen wankt die Finanzierung. „Momentan wissen wir nicht, wie wir uns einen Schulsozialarbeiter leisten können, den wir dringend brauchen“, sagt Schulleiter Georg Berendt. Er will niemandem „die Schuld“ dafür zuweisen; sondern das Problem lösen.“