Friseur muss Laden schließen
Die Sparkasse hat den Mietvertrag mit August Benger gekündigt, weil ein Gutachter akute Einsturzgefahr festgestellt hat.
Ratingen. Friseurmeister August Benger fühlt sich hintergangen. Und wer mit ihm spricht, dem wird klar: Der Inhaber des Salons an der Düsseldorfer Straße ist verzweifelt. Er und seine neun Mitarbeiterinnen müssen zum 30. September aus dem Ladenlokal raus — nach 50 Jahren.
Die Sparkasse Hilden-Ratingen-Velbert habe ihn Ende Juli vor vollendete Tatsachen gestellt. „Aber wo sollen meine ganzen Mitarbeiterinnen jetzt so schnell eine neue Arbeitsstelle finden? Manche sind schon 25 Jahre im Beruf“, sagt er mit Sorge.
Am Dienstag noch hat er sich mit Vertreten des Geldinstituts getroffen, nachdem die Aufregung um die Schließung des Friseurgeschäfts bekannt wurde. Benger: „Aber ich konnte nicht bewirken, dass ich noch länger in meinem Geschäft bleiben kann. Die Sparkassenvertreter haben gesagt, dass ich raus muss, weil das Gebäude einsturzgefährdet sei.“
Das wusste August Benger auch schon vorher. „Seit 20 Jahren kursiert das Gerücht. Aber ich verstehe nicht, warum jetzt alles so schnell gehen muss — zumal es eine Absprache gab.“ Seit 2007 gehört der Sparkasse das Gebäude.
Damals, sagt Benger, habe die Sparkasse ihm zugesichert, dass er in dem Laden bis 2011 bleiben könne. „Bis dahin sollte nichts geschehen“, sagten sie zu mir. Ich habe damals aber die Sparkasse gebeten, mir ein Jahr vorher Bescheid zu sagen, bevor ich aus dem Laden raus muss, damit ich und meine Mitarbeiterinnen planen können. Die Sparkasse habe sich aber nicht an diese Absprache gehalten, „obwohl sie das damals zugesichert hat“.
Mit seinem Problem hat sich August Benger auch an den Fraktionsvorsitzenden der SPD, Christian Wiglow, gewendet, der wiederum in einem Schreiben den Bürgermeister Harald Birkenkamp mit der Sache konfrontiert hat.
Von ihm will er wissen, ob das Gebäude tatsächlich dringend abgerissen werden muss und wie die Bauaufsicht dazu steht. Ein zweites Schreiben ging auch an den Vorstand der Sparkasse mit dem kritischen Satz: „Mich wundert dieser Stil eines dem örtlichen Handwerk und Mittelstand nach eigenem Bekunden verpflichteten Kreditinstituts sehr.“
Dass die Sparkasse jetzt so schnell den Mietvertrag mit Benger gekündigt hat, begründet Jörg Buschmann, Vorstandsmitglied der Sparkasse, wie folgt: „Ein Gutachter hat im Juli festgestellt, dass Teile des Gebäudes einsturzgefährdet sind. Und er hat dringend den Abriss noch vor dem Herbst mit seinen Stürmen empfohlen. Und wenn er das empfiehlt und Gefahr für Leib und Leben besteht, dann können wir das Gebäude nicht einfach stehen lassen.“
Zudem sei der Mitvertrag am 8. August mit August Benger im Einvernehmen aufgelöst und Ausgleichszahlungen gezahlt worden. 3000 Euro, was die Höhe von drei Monatsmieten entspricht und 11 000 Euro für die Mitarbeiterinnen.
Klarstellen will Buschmann auch, dass die Sparkasse keine Pläne mit dem Grundstück hat. „Manche behaupten, wir würden Investoreninteressen folgen und deshalb den Abriss so schnell durchziehen wollen. Dem ist nicht so. Das Gelände wird vorerst brach liegen.“
Die Stadt hat gestern auch auf das Schreiben von Christian Wiglow reagiert. Darin steht, dass am Dienstag eine Begehung mit Vertretern der Sparkasse, dem Gutachter und dem Amt für Bauordnung stattfand.
In dem Antwortschreiben gibt das Bauordnungsamt keine eigene Einschätzung über den Zustand des Gebäudes ab, es folgt vielmehr den Ausführungen des Gutachters, der von der Sparkasse beauftragt wurde und zitiert aus dessen Schreiben.
Tatsächlich soll der Gutachter laut Schreiben des Bauordnungsamtes die Empfehlung ausgesprochen haben, dass akuter Handlungsbedarf besteht und Maßnahmen bis zum 31. Oktober ergriffen werden sollen.
Ein schneller Abriss sei aber weder vom Statiker für notwendig gehalten worden noch werde dieser vom Bauordnungsamt gefordert. Die Stadt will die Vorgehensweise der Sparkasse nicht bewerten. Dies sei nicht ihre Aufgabe.