Industriemuseum Cromford: Die erfolgreichste Ausstellung aller Zeiten
14 000 Besucher sahen die Schau „Mode im Dritten Reich“. Die Museumsleiterin Claudia Gottfried zieht eine Bilanz.
Ratingen. Am Sonntag ist nach rund eineinhalb Jahren die Sonderausstellung „Glanz und Grauen — Mode im Dritten Reich“ mit einem attraktiven Schlussprogramm im Industriemuseum Cromford zu Ende gegangen. Wegen des großen Interesses war die Laufzeit der Schau verdoppelt worden. Museumschefin Claudia Gottfried und ihre Mitarbeiterin Christiane Syr ziehen im WZ-Gespräch eine Bilanz.
Wie sind Sie mit der Resonanz der Ausstellung zufrieden?
Claudia Gottfried: Sehr! Das ist die erfolgreichste Ausstellung aller Zeiten hier im Haus. Wir hatten mehr als 14 000 Besucher.
Was war bis dahin die bestbesuchte Ausstellung?
Gottfried: Die über Dessous. Da hatten wir eine Besucherzahl knapp unter 10 000.
Hatten Sie mit einem solchen Erfolg gerechnet?
Gottfried: Nein, damit gerechnet hatten wir nicht. Wir hatten wohl angenommen, dass die Ausstellung kein Mittelmaß wird: Entweder läuft sie gut oder gar nicht.
Was geschieht jetzt mit der Ausstellung?
Gottfried: Ab Oktober wird sie in unserem Schwestermuseum in Euskirchen gezeigt, danach in Bocholt. Außerdem gibt es weitere Anfragen — wir könnten sie noch jahrelang laufen lassen.
Die Thematik ist ja nicht ganz einfach.
Gottfried: Nein, das war nicht unser Lieblingsthema.
Wieso?
Christiane Syr: Es ist schwierig, NS-Zeit und Mode zu verknüpfen. Manche haben das auch gesagt: Es gehöre sich doch nicht, ein so leichtes Thema wie die Mode mit dieser Zeit der Verbrechen zu verbinden. Aber Mode ist eben auch politisch.
Die Ausstellung hat viele Besucher persönlich angerührt?
Gottfried: Auf jeden Fall. Wir hatten so viele Wiederholungsbesucher wie noch nie. Manche kamen drei- bis viermal her und erzählten es weiter: „Das müsst ihr gesehen haben.“
Syr: Auch bei Führungen fingen die Leute spätestens nach zehn Minuten an, selbst zu erzählen. Wildfremde Menschen haben miteinander geredet, ihre Erinnerungen ausgetaucht. Es herrschte ständig so ein Grundmurmeln in den Räumen.
War das für manche ein Stück Vergangenheitsbewältigung?
Syr: Auf jeden Fall. Viele sagten, die Eltern hätten ihnen nichts erzählt. Und hier haben sie gesehen, wie tief die NS-Ideologie in den Alltag eingedrungen war.
Viele Exponate wurden geliehen. Wie hoch ist der Anteil?
Gottfried: Vielleicht ein Viertel oder maximal ein Drittel. Das meiste waren Schenkungen. Wir besitzen mittlerweile eine der besten Sammlungen zur Alltagsgeschichte Deutschlands.
Was wurde denn alles geschenkt?
Gottfried: Natürlich Textilien, aber auch Accessoires und Schmuck. Modezeitschriften und eine ganze Kollektion an Modegrafiken und -entwürfen gehörten ebenso dazu — richtig tolle Sachen.
Worüber freuen sie sich rückblickend besonders?
Gottfried: Dass wir bundesweit wahrgenommen wurden. Besucher sind aus Hamburg, Stuttgart, Dresden gekommen, Uni-Professoren haben mit ihren Seminaren die Ausstellung besucht.
Syr: Eine Besucherin kam sogar extra aus Wien und hat sich in Ratingen ein Hotelzimmer genommen.
Das war’s jetzt also?
Gottfried: Nein, nicht ganz. Die Ausstellung war ja Teil eines Forschungsprojektes. Der Abschlussband wird gerade geschrieben.