Kritik an möglichem neuen Schul-Standort
Die Gesamtschule platzt aus allen Nähten. Einem vorstellbaren Erweiterungsbau in West könnte aber ein Spielplatz zum Opfer fallen.
Ratingen West. Thelse Schliebs will nicht glauben, was sie da gehört hat: Die Gesamtschule braucht Platz, ein Erweiterungsbau soll auf dem Gelände des Bolzplatzes neben dem Abenteuerspielplatz zwischen Erfurter Straße und Rügenstraße entstehen. „Ich möchte gegen einen solchen Plan protestieren. Dieser Platz, der angeblich kaum genutzt wird, liegt unmittelbar östlich neben der Siedlung, die etwa 70 Einfamilienhäuser umfasst. Er wird von unseren Kindern und auch den Kindern der umliegenden Mehrfamilien- und Hochhäuser genutzt als freie Spielfläche“, so die Anwohnerin. Dies sei die einzige Freifläche dieser Art, in der sich größere Kinder austoben könnten. Dass diese jetzt einem Neubau weichen soll, erzürnt Schliebs: „Man sollte nach Flächen suchen, die wirklich frei sind und nicht unseren Kindern die letzten Refugien wegnehmen.“ Schuldezernent Rolf Steuwe möchte erst einmal die Wogen glätten. „Dieser Standort für einen dringend benötigten Erweiterungsbau ist erst einmal lediglich ein Diskussionsvorschlag. Beschlossen ist das noch lange nicht. Gibt es sinnvolle Alternativvorschläge, prüfen wir diese selbstverständlich.“ Doch da liegt der Haken. Platz ist im Herzen von West Mangelware. „Der Platz im Schulzentrum ist ausgereizt, ein neuer dauerhafter Erweiterungsbau ist da nicht zu machen“, erklärt der Erste Beigeordnete. Passieren müsse aber dringend etwas. Denn: „Die Gesamtschule läuft platzmäßig am Limit.“ Das ist so massiv, dass spätestens im Sommer ein Provisorium entstehen soll.
Wahrscheinlich werden einzelne Klassen der Martin-Luther-King-Schule in Container ausgelagert. Dass das keine Dauerlösung ist, weiß auch der Schuldezernent. „Es geht nicht anders, es muss schnell Raum geschaffen werden.“ Ein fester Erweiterungsbau — letztlich egal wo — würde mindestens zwei Jahre bis zur Fertigstellung brauchen. Schließlich müsse da auch erst einmal Baurecht geschaffen werden. Fakt ist: So lange können Schulleiterin Irene Schulz und ihr Team nicht warten. Warum die Schule aus allen Nähten platzt, hat mehrere Ursachen. „Seit dem Wegfall der Hauptschule gehen Kinder, die es auf dem Gymnasium oder der Realschule nicht schaffen, in unserer Stadt zwangsläufig zur Gesamtschule“, sagt Rolf Steuwe, selbst ausgebildeter Lehrer.
Zum Verhängnis wird der Gesamtschule platzmäßig außerdem ihr Bemühen um Inklusion. Werden behinderte Schüler aufgenommen, sinken automatisch die Maximalgrößen der Klassen. Die Folge: Es müssen mehr Klassen gebildet werden, um alle Schüler aufnehmen zu können. Und zu guter Letzt wird die Schule an der Erfurter Straße in den kommenden Monaten wohl auch eine große Zahl an Flüchtlingskindern aufnehmen, die im Moment noch in den Seiteneinsteigerklassen an Gymnasien und Realschulen unterrichtet werden, den Übergang in diese Schulform aber nicht schaffen werden. „Wir sind gerade dabei unter Berücksichtigung dieser Aspekte den Schulentwicklungsplan fortzuschreiben und wollen ihn noch im ersten Halbjahr 2017 der Politik vorlegen“, so Rolf Steuwe.
Die SPD-Fraktion hält zurzeit Aussagen über eine Schulerweiterung in der Sekundarstufe I in Ratingen insgesamt für verfrüht. Selbst wenn sich die Notwendigkeit einer Erweiterung bezogen auf ganz Ratingen ergeben sollte, wäre die Erweiterung im überfüllten Schulzentrum Ratingen West keine erstrebenswerte Lösung, betonte Joachim Galinke, der stellvertretende Fraktionschef, in einer aktuellen Mitteilung.