Leben in der Demenz-WG
Im Haus Bethesda wohnen 52 erkrankte Menschen mit ihren Betreuern und einigen Hunden in Gruppen zusammen.
Ratingen. Die Bedeutung von „Bethesda“ wird in elektronischen Nachschlagewerken mannigfaltig angeboten. Letztlich ist es ein Ort der Barmherzigkeit und der Name einer Zisterne in Jerusalem. Aber es ist auch die Bezeichnung eines denkmalgeschützten Backsteinbaus der Theodor Fliedner Stiftung. Es steht ziemlich mitten in der Landschaft in Lintorf, gleich neben einem wogenden Gerstenfeld. Hier werden seit zehn Jahren Menschen mit Demenz liebevoll versorgt und ihren Bedürfnissen entsprechend psychosozial gefördert.
Für diejenigen, für die die unterschiedlichen Ausprägungen der Krankheit eigentlich nur Ratlosigkeit oder Angst und Schrecken bedeuten, hört sich das Angebot wie ein paradiesisches Aushängeschild an: „Kreativangebote, Tanz-und Erzählcafés, Klangtherapie, Bewegungs- und Berührungsangebote, Themenabende, Feste, Ausflüge, Musik- und Singangebote und anderes“ — so steht es im Flyer, den Gisela Neldner, Leiterin der Einrichtung, für Interessenten bereithält.
Das sollen aber nicht die Knaller sein, mit denen sich Angehörige dementer Menschen überreden lassen. 40 Bewohnerinnen und zwölf Bewohner und noch einmal 50 Mitarbeiter in der Pflege leben nämlich täglich ihr Programm. Sie betreuen in kleinen Einheiten — es gibt übrigens nur vier Doppelzimmer — ihre Schutzbefohlenen. Die fühlen sich in kleinen Wohneinheiten mit gemütlichen Wohnküchen gut und geborgen und können das entweder in zwei Einheiten zu zwölf Personen, zwei zu zehn und einer zu acht tun. Da gibt es dann keine langen, gleichförmigen Flure, die eher in die Irre als in die Orientierung führen, da gibt es immer genug Licht zur Orientierung.
Prinzip ist unter anderem die „gewährende Haltung“ — der Umgang mit einem erkrankten Menschen, der nun mal andere Vorstellungen von Ordnung oder von einem Tagesablauf hat. Das erfordert Geduld, das verlangt aber auch eine qualifizierte Ausbildung von den Mitarbeitern. Die ist gesichert.
„Das Gefühl wird nicht dement“, wissen Gisela Neldner und die Leiterin des Sozialen Dienstes, Susanne Schmalenberg. Also gehören Musik und Tanz, Erinnerungen und Geschichten zu dem Leben und Erleben im Haus.
Alles, was zu einem positiven Wiedererkennen beiträgt, hilft den Bewohnern zu einem wohligen Gefühl und dem Personal auch zu Erfolgserlebnissen. Dafür sorgen natürlich auch der eine oder andere Hund, der im Haus lebt und Liebenswürdigkeit verbreitet. Gute Stimmung werden mit Sicherheit die Hühner ausstrahlen, die demnächst bei Bethesda einziehen und gackern werden.
Demenz-Wohngruppen gibt es zwar nicht viele, aber auch nicht nur in Lintorf, sondern beispielsweise auch am Jubiläumsplatz in Mettmann. Dort ist 2012 eine neue Wohngruppe für Demenz-Patienten in das erste Obergeschoss des ehemaligen Hoff-staedter-Hauses an der Johannes-Flintrop-Straße eingezogen. Die Familie Eisfeld, die das Haus erworben hat, baute das Geschoss zusammen mit dem Pflegedienst Integritas und dem Verein IG Leben und Wohnen mit Demenz um. Die Einrichtung stellten Integritas und die IG Leben.