Ratingen Bienen sind Glücksbringer für Charlotte Karr

Ratingen. · Die Imkerin des Ratinger Bienenzuchtvereins schreibt ein autobiografisches Werk.

„Gebranntes Kind verlässt das Feuer“, heißt das autobiografische Buch von der Ratingerin Charlotte Karr.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Unter jedem Dach gibt es ein Ach. Unter manchem Dach gleich mehrere. So war es auch bei Charlotte Karr, die – 1964 in Bonn geboren – dort mit vier Schwestern aufwuchs, mit einer als Lehrerin voll berufstätigen Mutter und einem irgendwann, nach schwerer Krankheit verstummten Vater. „Natürlich haben wir mitbekommen, dass er nicht mehr redete. Doch der Schein einer normalen Familie musste auf jeden Fall gewahrt bleiben“, sagt sie heute.

Es ging keinesfalls darum, welche der Frauen in ihrer Kinderfamilie Prinzessin, welche Königin war. Sie lebten schließlich alle in dieser verkorksten Welt. Spät erst, nämlich im vergangenen Jahr, machte sie sich Luft und veröffentlichte ein Buch, in dem die lange verschütteten Begebenheiten einem Ausbruch gleich in die Gegenwart geschleudert wurden. Das Buch heißt „Gebranntes Kind verlässt das Feuer“. So half sie wenigstens sich selbst. Man kann die frühen Kinderjahre nicht wirklich nacherzählen – das muss Karr schon selber tun.

Immerhin war die mysteriöse Familienstruktur nicht so übermächtig, dass sie sie an einer Berufswahl gehindert hätte. Also wird Charlotte technische Assistentin im HNO-Bereich, macht ihre Ausbildung in Bonn, geht nach Duisburg, arbeitet in Köln. Kommt auch mit der eigenen Unzulänglichkeit beim Sprechen wohl zurecht. Dennoch muss sie umschulen – auf Industriekauffrau.

Noch ein paar kleine Schleifen, und sie wird Lehrerin und unterrichtet Deutsch und katholische Religion in der Sekundarstufe. Sie hielt durch, konnte ihre Berufstätigkeit letztlich aber nicht als glückhaft wahrnehmen. Allerdings gab die Begegnung mit ihrem Ehemann beim Yoga ihrem Weg eine gute Richtung. Es wurden zwei Söhne geboren.

Die Menschen und Mächte, die ihr in ihrem Leben begegnen, waren allesamt beeinflussend und haben ihr nicht alle besonders gut getan. Doch Charlotte Karr bleibt beharrlich und behält von dem einen oder dem anderen Erinnerungsfetzen und schöne Worte wie „wirkmächtig“. Sie wird früh pensioniert und macht sich zur Abarbeitung ihrer Traumata an das autobiografische Buch. Wie das so bei Leuten geht, die des Wortes nicht nur willig, sondern auch noch mächtig sind.

Bienen halfen Charlotte Karr
bei der Krisenbewältigung

Manchmal hilft Denken, oft kann man zur Überwindung von Lebenskrisen auch mal die Hände rühren und dadurch Linderung erreichen. Dass es bei ihr Bienen waren, die das späte Glück ins Leben brachten, gehört nun fast schon zum Lebensmuster. Eine Freundin bot Platz und Hilfe an, und nun stehen zwei Völker in Wittlaer. Ein bisschen muss die Neu-Imkerin noch üben. Doch bei der zweiten Ernte ist schon eine Menge Honig zusammengekommen. Ja, sie kriegt auch schon mal den Stich einer Biene ab. Doch ab dem 27. Stich machen sich Frauen angeblich nichts mehr daraus. Männer sollen schon nach dem 18. Mal kein Theater mehr um einen Bienenstich machen.

Wenn Charlotte Karr von Bienen erzählt, klingt auch dabei vieles schlicht nach Drama. Dass zum Beispiel die Königin im Bienenhaus auf die Tiere losgeht, die ebenfalls als potenzielle Bienenköniginnen auf die Welt gekommen sind.

Und wenn sie sich nicht um ihre Bienen kümmert, geht sie in die Kirche: Als stellvertretende Diözesanvorsitzende bei der Kfd geht sie nicht an Maria 2.0 vorbei und versuchte bereits ein Stelldichein der Aufmüpfigen vor St. Peter und Paul. Und: So schnell gibt diese Ratingerin nicht auf. Sie weiß, wo das Irdische nach Göttlichem verlangt und umgekehrt.

Ein Satz aber zeigt, dass Charlotte Karr ganz im Hier und Jetzt zu Hause ist. Als es um die Angst vor Insekten geht, weiß sie einen ganz praktischen Hinweis: „Wespen sind die gelb-schwarz Geringelten – die mit der gleichnamigen Taille.“