Game over Aus für Ratinger Recycling-Projekt

Ratingen · Im November blieben die Türen sozialer Einrichtungen in Ratingen symbolisch geschlossen. Jetzt wird es bittere Realität. Der erste Betrieb verkündet das Aus.

Im November blieben die Türen im Rahmen einer Protestaktion symbolisch geschlossen. Ratinger Sozialverbände wehrten sich gegen geplante Kürzungen der Fördergelder. Ohne Erfolg.

Foto: Achim Blazy (abz)

Sie hatten es geahnt und sich mit Händen und Füßen gegen die Pläne der Bundesregierung gewehrt, die Kürzungen der Fördergelder für Wiedereingliederungsprogramm in den Arbeitsmarkt ankündigte. Die Sozialverbände zogen am Ende den Kürzeren. Der zertifizierte Entsorgungsfachbetrieb Comp:ex verkündet sein Aus.

„Wir sind fassungslos und haben wenig Verständnis für die kurzfristige und überraschende Kürzung der finanziellen Mittel seitens des Jobcenters. Diese Entscheidung bedeutet das Aus für die Fortführung der Beschäftigungsmaßnahme. Comp:ex Elektronikrecycling ist weit mehr als nur eine Beschäftigungsmaßnahme“, so Bastian Pallmeier, Geschäftsführer der Diakonie im Kirchenkreis Düsseldorf-Mettmann.

Seit 2001 ist Comp:ex Elektronikrecycling ein Angebot der Berufs- und Beschäftigungsförderung der Diakonie im Kirchenkreis Düsseldorf-Mettmann und offen für langzeitarbeitslose Frauen und Männer. Comp:ex Elektronikrecycling ist eine Arbeitsgelegenheit-Maßnahme mit dem Auftrag einfache Beschäftigungsmöglichkeiten zur individuellen Stabilisierung von Menschen mit hohem Förderbedarf anzubieten.

Der zertifizierte Entsorgungsfachbetrieb wurde von der Stadt Ratingen unterstützt und der Diakonie im Kirchenkreis Düsseldorf-Mettmann als Teil des Gesamtkonzepts des Projekts Integration Ratingen-West geführt. Schwerpunktmäßig finanziert durch Fördermittel nach dem SGB II und einem städtischen Zuschuss.

Das Projekt ist für langzeitarbeitslose Frauen und Männer mit mehrfachen Vermittlungshemmnissen vorgesehen, die Bürgergeld beziehen. Durch die Zusammenarbeit mit der Familien-, Sucht- und Wohnungslosenhilfe, Schuldnerberatung sowie dem SPZ Ratingen wird ein breites Spektrum an integrativen Hilfestellungen geboten.

Seit Oktober 2017 wurden, in Kooperation mit Jobcenter ME-aktiv und Integration Point, auch Arbeitsplätze für Menschen mit Fluchthintergrund zwecks Sprachförderung und Verbesserung der Integration angeboten.„Für die Teilnehmenden ist es fast wie ein zweites Zuhause mit einer festen Tagesstruktur. Die Sozialpädagogische Begleitung unterstützt sie bei der Entwicklung individueller und beruflicher Perspektiven und hilft im Kontakt mit Ämtern und Behörden, bei der Kontaktaufnahme zu anderen Hilfsangeboten. Damit ist jetzt Schluss“, so Dagmar Argow, stellvertretende Geschäftsführerin und Geschäftsbereichsleiterin Soziale Dienste.

Kurzfristig hatte das Jobcenter die Geschäftsleitung der Diakonie informiert, dass die Maßnahme in der jetzigen Form nicht mehr genehmigt wird. Die Parteien trafen sich. Alternativvorschläge zur Sicherstellung der Finanzierung fanden keinen Zuspruch seitens des Jobcenters.

„Sicher muss das Jobcenter die Vorgaben des Bundes erfüllen. Aber eine Bewilligung, der Bezuschussung von 50 Prozent der Teilnehmerplätze, hilft nicht wirklich weiter. Eine Gesamtfinanzierung ist so nicht möglich und dies bedeutet das Aus für Comp:ex Elektronikrecycling“, so Pallmeier. „Für die Teilnehmenden können wir leider nichts mehr tun.“

„Wenn die Maßnahme wegfällt, verfalle ich wieder dem Suff.“ So beschrieb es im November ein Mitarbeiter bei Comp:ex. Alkoholprobleme, Bandscheibenvorfall und weitere gesundheitliche Beeinträchtigungen machten ihn auf dem Arbeitsmarkt „unvermittelbar“. „Ich brauchte eine Beschäftigung, einen geregelten Tagesablauf“, sagte er. Die Maßnahme und der Kontakt zu Menschen hätten ihm geholfen, seine Sucht in den Griff zu bekommen. Ähnlich ging es Alexander: „Ich wusste zu Hause nicht mehr, wohin mit mir.“ Mit dem Job ginge es ihm nach 15 Jahren ohne Arbeit deutlich besser, er sei zufriedener. Die Zukunft beider Comp:ex-Mitarbeiter ist ungewiss. Der Betrieb schließt zum 31. Mai.

(RP/abin )