Historische Altstadt Ein Schieferdach für den Wehrgang

Ratingen · Die neue Überdachung entsteht nach historischem Vorbild.

Turmwart Rudolf Mertens von den Roten Funken freut sich auf den neuen Wehrgang. Auf dem Blatt ist eine Grafik zu sehen.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Ob jemals von der Stadtmauer finstere Gesellen mit Pech und Schwefel begrüßt wurden, kann Rudolf Mertens nicht mit Bestimmtheit sagen. Der ehemalige Vize-Chef der Roten Funken hat den alten Wehrgang des Kornsturms, bekanntlich das Funken-Hauptquartier, trotzdem genau im Blick: Der morsche Wehrgang wurde endlich abgebaut und soll durch einen neuen Gang, aber diesmal mit Schieferdach, nach historischem Vorbild ersetzt werden. Um die Sanierung war lange mit dem Denkmalamt gerungen worden, nun gab es auch grünes Licht von der Bezirksregierung, seit Dezember laufen die Arbeiten.

Im Frühjahr, da ist sich Mertens sicher, könne man wieder das obere Geschoss des alten Turmes erreichen. Trocken und vor allem sicher: Im Zuge der Brandschutzprüfungen war aufgefallen, dass Teile der Holzkonstruktion morsch waren. Seitdem hielten Stahlträger den Gang auf Höhe. Der sei, so erinnert sich Mertens, noch während der Amtszeit des ehemaligen Stadtdirektors Dr. Alfred Dahlmann gebaut worden. Das sei so in den 70er Jahren gewesen. Für den Brandschutz sei beim Ausbau des Obergeschosses eigens ein Fenster als zweiter Fluchtweg ins Obergeschoss eingelassen worden.

Eichenholz kommt von einem
Spezialsägewerk in der Eifel

Nun also wird der Wehrgang komplett erneuert — mit gut drei Jahre abgelagertem Eichenholz aus der Eifel. Es sei von einem Spezialsägewerk in St. Augustin passend gemacht worden, so Mertens. Fast ebenso lang wie die Lagerung haben die Verhandlungen mit dem örtlichen Denkmalschutz sowie der Bezirksregierung gedauert. „Bis zum letzten Schraubenkopf“ habe man alles festgelegt, was „historisch“ sei und was nicht, so Mertens.

Fertig sind die hölzernen Drempel, die einmal die Konstruktion halten sollen. Der Wehrgang bekommt ein Schieferdach, der Aufstieg selbst nicht. Die Kosten lägen bei etwas über 80.000 Euro, so Mertens. Im Einsatz sei die Schreinerei Ulrich Fitz aus Heiligenhaus. Die Stadt bezahle den Umbau. Und damit die einstige Wehrhaftigkeit der Ratinger auch im übrigen Stadtbild gleich erscheine, werde der Wehrgang am Trinsenturm nach ähnlichem Vorbild erneuert. Der allerdings, so Mertens, sei nur „reiner Zierrat“.

Der Kornturm ist fast
560 Jahre alt

Der Kornsturm stammt aus dem Jahre 1460. Der Rundturm hat einen Durchmesser von acht Metern. An den Kornsturm schloss sich ein Wehrhaus an, daneben befand sich das 1466/67 erwähnte Goldene Tor. Vor diesem Bereich der Stadtbefestigung lag die Goldene Kull als Ausbuchtung des Stadtgrabens. Dort befand sich ein Steinbruch.

Im Kornsturm befindet sich heute das Hauptquartier und Museum der Karnevalsgesellschaft „Rote Funken“, die den Innenausbau vollständig in Eigenregie realisiert hat. Außerhalb von Veranstaltungen der Roten Funken kann der Kornsturm während einer Stadtführung mit dem Thema „Geschichte des Ratinger Karnevals“ besucht werden. Diese findet jährlich während der „fünften Jahreszeit“ statt und wird vom Verein für Heimatkunde und Heimatpflege veranstaltet. Mertens zeigt aber auch außerhalb von offiziellen Führungen gerne den Funken-Turm, Anruf genügt, Telefon 0201/28083.

Vom neuen Wehrgang aus dürften die Roten Funken künftig standesgemäß ihr Narrenvolk in Schach halten – mit viel Tamtam, aber ohne Pech und Schwefel. Spätestens zur Eröffnung.