Streit um Baumsatzung geht weiter
Stadt, CDU sowie Haus und Grund lehnen Neuauflage ab, der BUND lädt für heute Abend zu einer Info-Veranstaltung ein.
Ratingen. Braucht die Stadt eine neue Baumschutzsatzung? Diese Frage soll der Rat in seiner Sitzung am Mittwoch, 20. Dezember, abschließend beantworten. Die Vorlage wurde bereits einmal vertagt. Im Jahre 2012 war die Satzung abgeschafft worden, nachdem ein Grundstückseigentümer im Streit um die Neubebauung des Stern-Apotheken-Geländes vor Gericht die Satzung gekippt hatte: Dort stand eine Platane, die Stadt hatte vergeblich auf die Satzung gepocht. Vor zwei Jahren hatten SPD, Grüne, Bürger-Union und AfD eine Wiedereinführung beantragt. Verwaltung und CDU sprechen sich dagegen aus. Auch der Verein Haus und Grund lehnt sie ab. Beim BUND gibt es heute Abend eine Info-Veranstaltung zum Thema.
Martin Gentzsch, zuständiger Dezernent: „In der Vorlage 30/2017 hat die Verwaltung die Gründe dargelegt, die gegen die Wiedereinführung der Baumschutzsatzung sprechen. Derzeit erarbeitet die Verwaltung eine Ergänzungsvorlage zu den inzwischen vorliegenden Stellungnahmen der Verbände. Neben Haus und Grund haben auch der Verband Wohneigentum Ratingen sowie NABU und BUND Stellungnahmen abgegeben.“ Unter Abwägung dieser Stellungnahmen würden Hauptausschuss und abschließend der Stadtrat voraussichtlich im Dezember entscheiden.
Die CDU betont, dass die Satzung „mit gutem Grund“ abgeschafft worden sei. Ratsherr Klaus Weber: „Wir möchten Eigenheimbesitzer auf der einen Seite nicht bevormunden, auf der anderen Seite würde hier ein bürokratisches Monster mit weitreichender Überwachungserfordernis und negativen Fehlanreizen entstehen.“
Die CDU verweist auch auf den nötigen Verwaltungsaufwand bei beantragten Fällungen: „Jede Ablehnung setzt eine umfangreiche Beurteilung des Baumes voraus. Hier entstehen also weitere Personalkosten. Der Aufbau eines Baumkatasters, mit dem auch private Grundstücke überwacht werden müssen und das ständig überprüft werden muss, wäre die nächste Konsequenz. Die erheblichen Kosten würden Steuerzahler ebenso tragen wie Eigentümer und Mieter, weil zum Beispiel bei Mehrfamilienhäusern die Kosten vermutlich als Gartenpflege in den Nebenkosten auf die Mieter abgewälzt werden.“
Hinzu komme, dass mancher Baum einfach gefällt werden müsse, wenn er beispielsweise durch Krankheit nicht mehr stabil genug ist und somit zur Gefahr für Menschen, Haus oder Straße werde. Das gelte auch dann, wenn Bäume Fenster verschatten oder Nachbarbäume in ihrer Entwicklung gestört werden. „In all diesen Beispielen müssen Fällanträge ohnehin immer genehmigt werden“, sagt auch Gerold Fahr, CDU-Fraktionsvize. „Egal, welchen Fall wir nehmen und wie scharf die Satzung wäre — Baurecht bricht immer Baumrecht.“ Bei allen Fällungen führe die Stadt Ratingen stets Neupflanzungen durch: „Doch wenn die Baumschutz-Satzung wieder in Kraft treten würde, hätte es die Stadt extrem schwer, zukünftig notwendige Fällungen mit Neupflanzungen beim Straßenbegleitgrün, beim Bau von Kitas und bei der Tiefgarage Hans-Böckler-Straße zu realisieren.“
Der Verein Haus und Grund lehnt eine neue Satzung grundsätzlich ab: Für die Erteilung einer Fäll-Erlaubnis würden nicht nur Gebühren fällig, der Eigentümer werde auch verpflichtet, einen neuen Baum in einer bestimmten Größe und Höhe zu pflanzen oder einen Ablösebetrag zu zahlen. Grundstückseigentümer würden pauschal als unökologisch dargestellt. „Eine solche Symbolpolitik auf Kosten der Eigentümer ist nicht zu rechtfertigen“, sagt Johann Werner Fliescher, Vorstand von Haus und Grund Düsseldorf und Umgebung. Die vergangenen fünf Jahre ohne Satzung hätten gezeigt, dass Grundstückseigentümer keineswegs alle Bäume fällten.
Dem Verwaltungsaufwand stehe kaum ein lohnendes Ergebnis gegenüber. So habe die Stadtverwaltung Ratingen ermittelt, dass unter Geltung der alten Baumschutzsatzung nur bei 110 Bäumen pro Jahr die Fällgenehmigung verweigert wurde.