Streit um die Straßennamen
Die CDU in Homberg will betroffene Bürger befragen lassen. Dezernent: Aufwand und Kosten für Umbenennung halten sich in Grenzen.
Ratingen. In Homberg regt sich unter den Anwohnern der Hermann-Stehr- und der Agnes-Miegel-Straße Unmut, seit die Stadtverwaltung vorgeschlagen hat, beide Straßen umzubenennen. Wie berichtet waren die beiden Namensgeber bekennende Nationalsozialisten, die sich nie von ihrer Unterstützung und Bewunderung der NS-Diktatur distanziert haben. Gleichwohl fürchten die gut 140 Anwohner beider Straßen den Aufwand und die Kosten, die mit einer Straßenumbenennung einhergehen.
CDU-Ratsfrau Claudia Luderich, Vorsitzende des Bezirksausschusses, erreichten schon etliche Beschwerden in dieser Richtung. Sie hat daraufhin die Anwohner der Agnes-Miegel- und der Hermann-Stehr-Straße angeschrieben und zur Sitzung des Bezirksausschusses am kommenden Dienstag eingeladen. Dort könnten sie ihre Sichtweise vorbringen und Fragen an die Verwaltung stellen. „Die CDU wird in der Sitzung beantragen, dass die Stadtverwaltung eine Bürgerbefragung bei den Betroffenen durchführt — und sich dem Votum der Bürger anschließen“, sagte Luderich.
Kulturdezernent Dirk Tratzig, der den Stein ins Rollen gebracht hat, kann einerseits den Unmut der Anwohner „emotional verstehen“, „der angebliche Aufwand hält sich aber doch in Grenzen“: Die Ummeldung im Bürgerbüro koste nichts, ebenso die Adressänderung des Personalausweises. Und in der Kreisservicestelle im Rathaus könne der Kfz-Schein geändert werden — „das kostet elf Euro.“
Freunde und Verwandte könnten per Sammel-Mail oder -SMS informiert werden und bei der Postzustellung gehe das automatisch. Wenn städtische Gebühren anfallen würden, könnte man über eine Erstattung nachdenken, bei den Kreisgebühren gehe das aber nicht.
Am Kernproblem will Tratzig dagegen nicht rütteln. „Die Stadt muss sich ihrer historischen Vergangenheit stellen und kann nicht jemanden ehren, der der Ehre nicht wert ist.“ Selbst wenn Agnes Miegel und Hermann Stehr nicht so bekannt seien, gebe es derzeit eine bundesweite Diskussion und Umbenennung deren Straßen. „Wenn das hier aus politischen Gründen nicht passieren würde, könnte dieses Signal falsch verstanden werden. Auf die Insel der Unschuldigen kommt man nicht mehr zurück.“
Einer Bürgerbefragung steht Tratzig grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber, sie sei allerdings „keine Entscheidungsinstanz“. Entscheiden werde letztlich die Politik — und zwar nicht nur im Bezirksausschuss, sondern auch im Rat.
Der Kulturdezernent will außerdem das Stadtarchiv beauftragen, weitere Straßennamen auf eine mögliche Bedenklichkeit zu überprüfen. Nach WZ-Informationen gibt es in Lintorf schon seit längerem eine nicht offen geführte Kontroverse über einen Namensgeber einer Straße mit brauner Vergangenheit.