„Töten ist nicht religiös“
Islamlehrer Hüseyin Cetin nimmt Stellung zur aktuellen Situation.
Ratingen. „Als wir diesen Abend geplant haben, war nicht abzusehen, dass plötzlich tausende Menschen gegen eine vermeintliche Islamisierung des Abendlandes protestieren würden“, begrüßte Ludwin Seiwert, Pfarrer von Heilig Geist, weit mehr als 150 Menschen zum Glaubensforum.
Eigentlich lautete das Thema an diesem Abend „Weihnachten in der Bibel und im Koran“. Neben Seiwert war auch Hüseyin Cetin zu Gast, islamischer Religionslehrer an einer Berufsschule in Duisburg. Während Seiwert sich überwiegend an seinen Fahrplan hielt, wollte Cetin die Gelegenheit dieses Abends nicht verstreichen lassen, sich zu den Entwicklungen der vergangenen Tage zu äußern.
„Diese Terroristen bezeichnen sich als Muslime und kämpfen angeblich im Namen des Islam. Ich kann Terroristen nicht als Muslime oder als religiös bezeichnen. Jede Art von Gewalt, Zerstörung und Töten ist nicht religiös und widerspricht dem Islam“, sagt Cetin.
Und auch Seiwert hatte in seinen Eingangsworten zumindest kurz Stellung bezogen: „Gewalt darf es in keiner Religion geben. Sie ist nicht zu entschuldigen. Und auch das Christentum hat viele Beispiele für gewaltsame Übergriffe geliefert“, machte er klar. Unter zahlreichen Besuchern waren nicht nur Gemeindemitglieder, auch Menschen ohne Glauben und einige Moslems waren gekommen.
Schade, dass die beiden Theologen zu sehr an ihrem Konzept festhielten. Seiwerts Vortrag war spannend, doch er litt darunter, dass bei vielen Besuchern deutlich spürbar war, dass sie wegen etwas anderem gekommen waren: Sie wollten Antworten, Erklärungen und Informationen, um das verstehen zu können, was da in der vergangenen Woche in Frankreich geschehen war.
Und das bekamen sie von Cetin: „Echte Religiosität hat nicht mit Gewalt und Töten zu tun, sondern mit Toleranz, Respekt, Freundschaft, Hilfsbereitschaft, und besonders Nächstenliebe“, plädierte er für ein friedliches Zusammenleben der Religionen in Europa.
Und dass der Dialog zwischen den Religionen möglich ist, bewiesen er und sein katholischer Kollege eindringlich. Zwar waren die beiden Fachleute nicht in allen Einzelheiten einer Meinung, Cetin und Seiwert stimmten aber letztlich überein, dass ein friedlicher und sogar freundschaftlicher Dialog zwischen Christen und Muslimen möglich ist.