Wenn die Knef heilig vertont wird, dann muss Stadtkirchenfest sein
Der Erlös der munteren Feier ist für einen guten Zweck bestimmt. Er geht an die Wochenendschule — ein Bildungsprojekt für Flüchtlinge.
Ratingen. Wenn Pfarrer Gert Ulrich Brinkmann in einer Art Caprihose und mit Sandalen fröhlich sein Gotteshaus umrundet und Lose verkauft, wenn sich beim offenen Singen der Kantorei „Titisee“ auf „sein Toupet“ reimt und Reibekuchen-Bäcker aus der benachbarten Pfarre St. Peter und Paul zu ökumenischem Pfannengericht auffordern — dann muss ein Fest im Gange sein, in dem Fall das Stadtkirchenfest. Während die Lintorfer Straße im Kirchenbereich sonst eher eine beschauliche Strecke ist, wirkte sie gestern sie geradezu enthemmt.
Nun spielte das Wetter den Veranstaltern auch zu; Pavillons waren eher gegen die Sonnenstrahlen aufgebaut und wirklich ausreichend Biertische und -Bänke aufgestellt, damit sich die Besucher mit ihren Lebensmitteln niederlassen konnten. „Für Kulinarisches und Erfrischungen ist gesorgt“, heißt es gemeinhin in Einladungen zu Sommerfesten. Das muss auch sein, denn der gemeine Ratinger, gleich welcher Konfession er ist, rechnet sonntags um die Mittagszeit schon mit einem Leckerchen. Und einem Kaltgetränk. Alles war da, und alle kamen. Überraschend viele Besucher waren mit dem Rad da, viele kamen in Gruppen, manche wirkten direkt verabredet. Nun hatte die Kirche auf ihren Plakaten auch schelmisch geworben mit „Livemusik, Essen und Trinken, Kinderspaß und andere evangelische Spezialitäten warten auf die Gäste“. Evangelische Spezialitäten?
Es ist schon eine Spezialität, wenn die Kantorei, geleitet von Martin Hanke, christliches Liedgut mit Songs von Udo Jürgens und Hildegard Knef mischt, wenn sich die Moschee an einem Kirchenfest beteiligt und sowohl jugendliche „Gitarrenstrolche“ als auch tanzende Senioren sehr wohl nebeneinander auftreten. Als die Anne-Frank-Schule mit ihrem Musical „Die Reise nach Rio“ ins Überdachte lockte, gaben viele Besucher gern ihr Sonnenplätzchen auf, als Blechbläser und Posaunen hoch vom Lastwagen ihre Dicke-Backen-Musik machten — und auch, als andere Töne erklangen —, blieb die Zuhörerschar frohgemut sitzen.
Es ist natürlich ein hervorragendes Ergebnis, wenn sich die Besucher eines Festes gut amüsiert haben, wenn sie Gleichgesinnte treffen und mit ihnen plauschen konnten. Da hier aber die Stadtkirche feierte, stand noch ein wirklich guter Zweck im Hintergrund: Der Erlös des unterhaltsamen Tages, des CD-Trödelverkaufs und der gut bestückten Tombola ist zur Finanzierung der Wochenendschule gedacht, die die Neander-Diakonie für Flüchtlingskinder organisiert.