Motorsport Bergmeister kann WM in Le Mans gewinnen
Langenfeld. · In Frankreich steigt das berühmteste Rennen der Welt. Der Langenfelder Motorsportler kann sich dort die Krone aufsetzen.
Le Mans ruft. Wirklich nicht zum ersten Mal. Deshalb bemüht sich Jörg Bergmeister auch um eine halbwegs nüchterne Sicht der Dinge. Wenn am Samstag um 15 Uhr das berühmteste Rennen der Welt beginnt, sitzt er zum 18. Mal am Steuer und ist dann wieder mit Leib und Seele ein Teil des 24-Stunden-Wahnsinns bis Sonntag um 15 Uhr. Diesmal ist vielleicht alles noch ein bisschen größer als sonst, denn Le Mans ist der Abschluss der „Super-Season“ 2018/2019. Und Bergmeister hat die realistische Chance, auf der Zielgeraden seiner Karriere zum ersten Mal Weltmeister zu werden. Zusammen mit dem Norweger Egidio Perfetti und dem US-Amerikaner Patrick Lindsey führt er im Porsche 911 RSR des Teams „Project 1“ aus Lohne in Niedersachsen die Gesamtwertung in der Langstrecken-Weltmeisterschaft an. „Die Nervosität hält sich in Grenzen“, sagt der 43 Jahre alte Langenfelder, „natürlich wäre es schön, den Titel zu holen.“
Das Trio im Project-Porsche startet als Spitzenreiter in der Klasse LM GTE Am mit 113 Punkten – was einen Vorsprung von 23 Zählern bedeutet. Das heißt unter dem Strich allerdings ziemlich wenig. Und Bergmeister geht schon mal gar nicht davon aus, dass er sich mit seinen Teamkollegen irgendeine Art von Zurückhaltung leisten kann. „Nur Durchkommen wird nicht reichen.“ Platz vier oder fünf muss es mindestens sein – falls denn der direkte Verfolger gewinnt. Fürs Schweizer Team „Spirit of Race“ sitzen die beiden Italiener Giancarlo Fisichella (früherer Formel-1-Pilot) und Francesco Castellacci sowie der Schweizer Thomas Flohr in einem Ferrari. Aus ihren 90 Zählern könnten sie maximal 129 machen, wenn sie die 24 Stunden gewinnen (38 Punkte) und zusätzlich im Qualifying vorne liegen (ein Extrapunkt). Als Favorit auf den Sieg in Le Mans gilt jedoch eher ein Team, das ebenfalls in einem Porsche 911 RSR unterwegs ist: Matt Campell (Neuseeland), Christian Ried (Biberach) und Julien Andlauer (Frankreich) lagen schließlich für Dempsey Proton Racing bereits vor einem Jahr in Le Mans vorne. In der WM-Gesamtwertung hat das deutsche Team als Vierter bei 83 Punkten trotzdem nur sehr theoretische Titelchancen.
Wenn es in Le Mans Bonuspunkte für den optischen Eindruck gäbe, wären dem Spitzenreiter ein paar zusätzliche Zähler sicher, denn der Project-Porsche geht als „Art-Car“ in einem ungewöhnlichen Design auf die Strecke. Jörg Bergmeister hatte die Idee und aus seiner früheren erfolgreichen Zeit als Motorsportler blendende Kontakte zum New Yorker Künstler Richard Phillips, der ihm einst ein spezielles Helm-Outfit entwarf. „Das Auto ist ein echter Hingucker“, findet nicht nur Bergmeister. Bei den offiziellen Vortests für Le Mans stand der schnelle Dienstwagen kürzlich bei den Motorsport-Fans direkt im Mittelpunkt. Logisch: Phillips wird in Frankreich live erleben, wie sich die Project-Mannschaft bei den 24 Stunden schlägt. „Wir sind inzwischen gut befreundet“, erzählt Bergmeister, der auf jeden Fall alle Arten von Daumendrücken gerne annimmt.
Die 13,626 Kilometer lange Strecke in Le Mans ist eine Kombination aus Dauer-Rennstrecke (Circuit Bugatti) und öffentlichen (Land-)Straßen, die fürs Rennen gesperrt werden. Die Gerade „Mulsanne“ gilt im Verkehrs-Alltag als ein Teil der Hauptverbindung zwischen Le Mans und Tours. „In Le Mans kannst du den Erfolg nicht planen“, betont Jörg Bergmeister, „dieses Rennen musst du erst einmal zu Ende fahren.“ Damit ergibt sich das oberste Ziel grundsätzlich von selbst: „Wenn uns das gelingt und wir eine solide Position behaupten, dann stehen unsere Chancen auf den Gewinn der Meisterschaft ganz gut.“ Ganz nebenbei: Gegen einen Rennsieg im legendären Mekka des Motorsports hätte Bergmeister, der hier 2004 ganz oben auf dem Treppchen stand, natürlich ebenfalls nichts einzuwenden. Es wäre die Krönung am Ende der ersten Saison für Project 1 in der Langstrecken-WM. Le Mans ruft. Immer wieder.